SWR2 Wort zum Tag

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Die biblischen zehn Gebote sind so etwas wie ein eiserner Bestand an Lebensregeln. An zehn Fingern kann man abzählen, was wichtig ist, damit menschliches Leben gelingt: „Nicht töten, nicht stehlen, nicht lügen“ zum Beispiel.

So weit, so gut! Doch die biblischen zehn Gebote regeln nicht nur die Moral und die Lebensverhältnisse der Menschen untereinander; sie sagen auch etwas über die Beziehung zwischen Mensch und Gott aus. Die Frage ist nur: Welche Bedeutung hat das heute noch – in einer pluralen Welt oder in einer säkularen Gesellschaft? Ist es heutzutage nicht gleichgültig, woran jemand glaubt – oder zumindest gleich gültig?

In unserem Staat gilt die Religionsfreiheit – zu Recht. Aber es ist eben nicht gleichgültig, was Menschen im Namen ihrer Glaubensüberzeugung tun. Für die jüdisch-christliche Tradition zieht das Gebot „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“ hier eine wichtige Grenze. Damit wird Einspruch dagegen erhoben, dass Menschen ihr Maß überschätzen und überziehen.

Die klassische Antike kannte das Phänomen der Hybris, der menschlichen Selbstüberschätzung. Und die griechischen Tragödien führen facettenreich vor Augen, wohin solche Selbstüberschätzung führen muss – in die Katastrophe, für einzelne, für Familien und für ganze Gesellschaftssysteme.

Die biblische Analogie dazu ist in meinen Augen das biblische Gebot gegen den Missbrauch des Gottesnamens. Denn auch – und gerade – in dieser Maskerade ist die Selbstüberschätzung des Menschen mit Händen zu greifen – und sie ist höchst gefährlich.

Der Name Gottes musste für vieles herhalten in der Geschichte der Menschheit und leider ist selten etwas Gutes daraus erwachsen. Ob auf den Koppelschlössern der Soldaten im Ersten Weltkrieg stand: „Für Gott und Vaterland“, oder ob auf der Ein-Dollar-Note – ausgerechnet auf einem Geldschein! – prangt: „In God we trust“, macht da keinen großen Unterschied. Beides ist meines Erachtens grenzwertig oder hat die rote Linie, die das biblische Gebot vom Missbrauch des Gottesnamens zieht, schon überschritten. Das gilt für mich auch, wenn der neue US-Präsident sich brüstet, er sei „der größte Jobproduzent, den Gott jemals erschaffen habe“. Er ist ein Geschöpf Gottes, ja – wie alle Menschenkinder. Aber ob seine Arbeitsmarktpolitik christlich-ethischen Grundsätzen folgt, steht auf einem anderen Blatt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23681
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