SWR4 Abendgedanken

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Meine Kinder puzzeln gerne. Ich nicht. Aber ich habe beim Zuschauen eines gelernt: Wenn man ein Puzzle zusammensetzen will, dann muss man mit dem Rahmen beginnen. Zuerst muss man alle Puzzleteile aneinanderfügen, die den äußeren Rand bilden. Dann kann man anfangen vom Rahmen her nach innen die Teile einzufügen.

Ich glaube, ich mag nicht puzzeln, weil man bei einem Puzzle lange Zeit das endgültige Bild nicht erkennen kann. Mich irritiert es, wenn ich einzelne Puzzleteile habe und keine Ahnung, was daraus werden soll.

Dabei geht es mir in meinem Leben oft auch so: Ich versteh manchmal nicht, wo die einzelnen Teile meines Lebens hingehören. Mein Leben kommt mir wie ein großes Puzzle vor. Jeder Tag ein Teil. Jeder Mensch, dem ich begegne, ein Teil. Jeder glückliche Augenblick ein Teil. Jedes Leid, jede Niederlage – ein Teil. Aber wie passen diese Teile meines Lebens zusammen? Ist das alles Zufall, oder ergeben alle diese Teile meines Lebens am Ende ein sinnvolles Bild?

Heute hat Philipp Melanchthon Geburtstag. Er wurde am 16. Februar 1497 in Bretten bei Pforzheim geboren und war der engste Mitarbeiter von Martin Luther. Er war der kluge Kopf der Reformation. Er hat Luthers Ideen theologisch durchdacht und zu Papier gebracht. Kurz bevor er 1560 starb, hat Melanchthon auf ein Blatt Papier geschrieben, warum er keine Angst vor dem Sterben hat. Vielleicht wollte er sich damit selbst trösten: „Du wirst von der Sünde erlöst, von den Sorgen befreit… ,du wirst Gott schauen… du wirst die wunderbaren Geheimnisse erkennen, die du in diesem Leben nicht begreifen konntest“. 

Vermutlich kannte Melanchthon die Puzzle nicht. Aber er hat anscheinend gewusst: Man braucht zuerst einen Rahmen, wenn ein Bild entstehen soll. Jedenfalls gilt das für das Leben. Melanchthon sagt auch, was dieser Rahmen ist: Gott. Ihn werden wir einmal schauen, das glauben wir Christen. Und dann werde sich alle Teile unseres Lebens an ihren Ort fügen und es wird ein Bild entstehen von meinem Leben. Dann werde ich begreifen, welche Bedeutung jedes Glück und jedes Leid, jeder Tag und jede Begegnung hatte. Jetzt begreife ich mein Leben manchmal noch nicht. Aber ich vertraue darauf, dass alles von Gott her einen Sinn hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23677
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