SWR3 Gedanken

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„Das Ziel ist im Weg“. Ups, ein Versprecher? Nein, ein wunderbares Wortspiel. Es spielt mit dem gängigen Spruch „Der Weg ist das Ziel“. Er bedeutet immer schön geradeaus gehen und geduldig seine Pflicht tun. Und sich nicht zu sehr auf das Endergebnis zu fixieren, sondern auf den Prozess, der dorthin führt. „Das Ziel ist im Weg“, ist die verschärfte Variante davon. Immer nur ein Ziel zu haben, oder noch schlimmer: dauernd zu hoch gesteckte Ziele zu haben. Denn das verhindert das Leben, verhindert es gut zu leben. Will man eine zu gute Mutter sein, dann macht das unzufrieden oder ein dauerndes schlechtes Gewissen.  Will man ein zu guter Mitarbeiter sein, der immer und für alles zu haben ist, dann kann man leicht den Draht zu sich selbst verlieren oder ausgenutzt werden. Und will man ein zu guter Ehemann oder Liebhaber sein, dann kann eine Beziehung zu Stress werden. Setze ich meine Ziele immer zu hoch, dann kann ich nie zufrieden sein. Ich kenne zu viele Menschen, die einfach nicht mehr zufrieden sein können, weil ihnen ihre zu hoch gesteckten Ziele im Weg sind. Weil sie das Gespür dafür verloren haben wann es genug ist. Darum plädiere ich für eine Kultur des Genug. Mein Glaube gibt mir dazu den geistigen Grund. Er lehrt mich, dass ich begrenzt bin, dass mein Leben begrenzt ist und dass all meine Bemühungen natürliche Grenzen haben. Dass ich zwar schon das Meine tun kann und muss. Aber nur bis zu einem ganz bestimmten Punkt. Ab dem ich mein Leben und alles was ich erreichen möchte in Gottes Hand legen kann. Nicht immer der Schönste, Klügste und Beste sein wollen. Nur gut genug. Dem Mann oder der Partnerin nicht immer alles perfekt machen wollen. Immer mal wieder auch nur gut genug. Und: Nicht zu oft über den Punkt arbeiten. Nach einem vollen Arbeitstag nicht auch noch abends zu Hause die Geschäftsmails checken. Es gut sein lassen, mit der Arbeit. Genug sein lassen. Denn morgen ist auch noch ein Tag…

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