SWR3 Gedanken

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Herr Veith ist schon lange Gast der Vesperkirche. Jeden Tag sitzt er inmitten der vielen Leute in unserer Kirche und freut sich über das warme Essen und die Gespräche. Er liebt es zu plaudern. Er ist schon alt, bald 70, seit Jahren kann er nur schwer laufen mit seinen orthopädischen Schuhen.

Herr Veith ist ein alter Mannheimer. Gepflegte Erscheinung, freundlich und witzig. Man sieht es ihm nicht an, aber seit fast fünf Jahren ist er wohnungslos. Er bekommt Rente und er könnte sich ohne Schwierigkeiten eine kleine Wohnung leisten.

Aber wenn er sich bewirbt, steht er in einer langen Schlange und dann sind es oft Frauen mit Kindern, die den Zuschlag bekommen. Das versteht Herr Veith sehr gut, natürlich sollen Familien auf keinen Fall draußen leben. Es gibt einfach zu wenig günstige Wohnungen!
Und wenn er sagt, dass er wohnungslos ist, will niemand mehr an ihn vermieten, ein Teufelskreis.

Aber dieses unstete Leben wird für ihn immer schwieriger.  Er lebt abwechselnd bei Freunden und Bekannten, schläft meistens im Wohnzimmer auf dem Sofa. Morgens räumt er seine Sachen auf und verschwindet, um niemand zur Last zu fallen. Nie hat er einen Raum für sich, Nie kann er seine Sachen einfach liegen lassen.

Immer wieder schläft er irgendwo zwischen Parkbank und Baustelle. Weil seine Freunde nicht nach Hause kommen und er nicht rein kann.
Aber zum Glück hat Herr Veith eine robuste Gesundheit und vor allem diese hartnäckige Zuversicht, für die ich ihn bewundere.

Viele, die so leben müssen wie er, verzweifeln, werden an Leib und Seele krank. Herr Veith gibt nicht auf. Jetzt endlich seit gestern hat er eine neue Wohnung. Die haben wir ihm vermittelt.
Er strahlt jeden Tag, wenn er von der netten Vermieterin erzählt. Die hat genauso jemand wie ihn gesucht: Eben einen ruhigen, freundlichen Mieter, der nichts weiter will, als ein kleines, einfaches Zimmer.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23612
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