SWR4 Abendgedanken

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„Und wenn die Menschen auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein.“ (Psalm 92,15). Dieser Satz steht in der Bibel. Vielleicht fragen Sie sich jetzt, wie das denn gehen soll: Altwerden und frisch bleiben?  

Ältere Menschen sagen mir: Alt werden ist nicht schön. Man ist oft einsam und nicht mehr so gesund. Und auch vergesslich.

Victor Frankl fällt mir hier ein. Als Psychiater hat er sich gut mit Menschen ausgekannt. Von ihm habe ich einen Satz gelesen, der mich beeindruckt hat: „Für gewöhnlich sieht der Mensch nur das Stoppelfeld der Vergänglichkeit. Was er übersieht, sind die vollen Scheunen der Vergangenheit.“

Damit hat er gemeint: Immer nur über das Altwerden zu klagen, tut nicht gut. Besser ist es, sich zu fragen: Was habe ich Schönes in meinem Leben erlebt? Worauf kann ich vielleicht sogar stolz sein? Das kann die Erinnerung an eine schöne Reise sein. Oder an die Zeit als die Kinder klein waren und das Leben anstrengend, aber schön war. Oder an den Beruf, in dem man etwas geleistet hat, worauf man stolz sein kann.

„Volle Scheunen der Vergangenheit“ nennt Frankl das und rät, immer wieder einmal in diese Scheunen hineinzuschauen und sich an dem zu freuen, was sich da angesammelt hat. Das macht zufrieden und dankbar. Und dann, sagt Frankl, soll man sich fragen: Wie kann ich für andere eine Hilfe sein? Zum Beispiel haben ältere Menschen mehr Zeit als jüngere. Sie könnten anderen geduldig zuhören, wenn die erzählen. Oder jemanden anrufen, der sich darüber freuen würde. Oder sie könnten ihren Enkeln erzählen, wie sie in ihrem Leben mit Schicksalsschlägen umgegangen sind. Und vielleicht auch, wie der Glaube einem helfen kann, mit dem Altwerden besser klar zu kommen. Ich bin sicher: Von den Älteren können die Jungen eine ganze Menge für ihr Leben lernen. Nur sollten die dabei nicht den Eindruck bekommen, die Älteren wüssten alles viel besser.   

Probieren Sie es aus! Öffnen Sie die Scheunen der Vergangenheit! Freuen Sie sich an dem, was Sie Schönes erlebt haben, und dann helfen Sie dort, wo Sie gebraucht werden. Das hält jung, sagt die Bibel – und frisch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23510
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