SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ich fege auf der Straße die Reste von Böllern und Raketen weg, räume leere Sektflaschen in den Keller. Nach und nach verschwinden die Überbleibsel der Silvesternacht, alles ist weggeräumt

Ich setze mich in meinen Sessel, komme zur Ruhe. Zeit zum Nachdenken. Nachdenken über ein neues Jahr. Noch hänge ich mit meinen Gedanken im alten Jahr. Offensichtlich doch nicht alles weggeräumt. Geht auch gar nicht.

Mit jedem Jahr, das ich älter werde, trage ich mehr Geschichte und Geschichten mit mir durchs Leben. Und ich selbst bleibe ja auch irgendwie dieselbe und werde nicht schlagartig anders, nur weil sich eine Jahreszahl ändert.

Und doch spüre ich das leise Kribbeln wie an jedem Jahreswechsel. Dreihundertfünfundsechzig neue Tage. Was die Zukunft wohl im Repertoire haben wird? Für mich, für andere, für die Welt? Worüber werden wir uns freuen, worüber weinen?  Und so sitze ich da und wäre gerne ein bisschen zukunftsschlau. Damit das Kribbeln nachlässt.

Irgendwann stehe ich auf aus meinem Sessel, gehe in die Küche. Auf dem Weg komme ich an einem Kalender vorbei. Für den heutigen Tag ist dort ein Gedicht von Simone Weil abgedruckt. Ich lese: „Warum also sollte ich mir Sorgen machen? Es ist nicht meine Angelegenheit, an mich zu denken. Meine Angelegenheit ist es, an Gott zu denken. Es ist Gottes Sache, an mich zu denken.“

In der Bibel steht das so: „Alle eure Sorge werft auf Gott, denn er sorgt für euch.“ Er hat es im alten Jahr getan, er wird es im neuen Jahr tun. Daran halte ich mich fest. Ich atme durch, das Kribbeln lässt nach.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23444
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