SWR3 Gedanken

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Letzten Monat ist die Oma meines Mannes gestorben. Aber eigentlich ist es unsere Oma. Oma Elisabeth. Sie ist über neunzig geworden und war bis zum Schluss richtig fit. Unsere Oma hatte ihren eigenen Kopf und sie hat sich eingemischt. Deshalb sind wir auch immer, wenn wir sie besucht haben, mit einem Denkanstoß nach Hause gefahren. Das war sogar noch bei ihrer Beerdigung so. Da hat einer ihrer Söhne eine Geschichte über sie erzählt. Immer wenn er am Telefon gefragt hat: „Oma, wie geht´s?“, dann hat er eine ehrliche Antwort bekommen. Und alle paar Wochen hat Oma Elisabeth mit einem ganz bestimmten Satz geantwortet. „Es geht mir gut. Der höchste Gast war da.“ Mit der Zeit wusste der Sohn, wen die Oma mit „der höchste Gast“ gemeint hat. Sie hat Gott gemeint. Denn alle paar Wochen hat sie Besuch von einem Pfarrer bekommen und der hat ihr die Kommunion mitgebracht. Weil sie gläubig war, war für sie klar: in der Hostie kommt Gott zu ihr.

Der Ausdruck „der höchste Gast“ – das klingt natürlich altmodisch und außer von Oma Elisabeth habe ich das so noch nie von jemandem gehört. Ich kenne „angenehme Gäste“ oder „willkommene“, aber „der höchste Gast“: das ist nochmal was anderes. Da legst du als Gastgeber die schöne Tischdecke auf und es gibt Festtagsbraten. Bei vielen Menschen geht es heute auch sehr feierlich zu, weil Weihnachten ist. Und an Weihnachten feiern wir ja im Grunde, dass der höchste Gast – wie es unsere Oma formuliert hätte – zu uns auf die Welt gekommen ist. Also feiern wir heute. Weihnachten – und den höchsten Gast.

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