SWR2 Wort zum Tag

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Frauen und Kirche – das ist ein spannungsreiches Thema. Für viele ist speziell die katholische Kirche eine Institution, die Frauen ihre gleichberechtigte Teilhabe verweigert. Warum bleiben sie vom Weiheamt ausgeschlossen und dürfen nicht Priester werden? Das erinnert an die lange und unselige Tradition, die die Frauen nur im Dienste ihrer Männer und Kinder oder eben dienend in der Kirche sehen wollte. Ihre anderen Fähigkeiten, ihre besonderen Erfahrungen und ihre Sicht der Dinge scheinen nicht gefragt.
Das ist die eine Seite. Aber es gibt auch eine andere Seite.
Viele Frauen fühlen sich in ihrer Kirche zu Hause. Sie finden hier andere Menschen, denen sie sich geistig verbunden fühlen. Sie können sich engagieren und ihre Fähigkeiten einbringen, sie haben einen Ort, an dem ihre Seele aufatmen kann im gemeinsamen Gottesdienstfeiern oder in Gesprächen, die übers Alltägliche hinausgehen. Viele Frauen kommen in der Kirche dem Geheimnis Gottes näher. Sie spüren seine verborgene Gegenwart. Frauen entdecken hier, dass sie wichtig sind, nicht nur in einer Funktion sondern als Person. Sie lernen, sich etwas zuzutrauen, etwa indem sie Kinder in Gruppen zur Erstkommunion hinführen. Sie übernehmen als Kirchengemeinderätinnen Verantwortung oder engagieren sich im Eine-Welt-Laden. Frauen lernen, zu sich zu stehen, ihre Lebensgeschichte ernst zu nehmen. Innerlich frei und unabhängig zu werden.
Und dann gibt es die Profi-Frauen, die Gemeinde- und Pastoralreferentinnen, die Katechetinnen und Lehrerinnen, gar Professorinnen, Autorinnen und Ordinariatsrätinnen, deren Einfluss in der katholischen Kirche nicht zu unterschätzen ist. Während diese Berufsgruppen noch relativ jung sind, gibt es eine lange Tradition der weiblichen Orden, wo Frauen ihren eigenen Weg der Nachfolge Jesu gesucht haben. Aus ihnen sind wichtige Impulse und große Persönlichkeiten hervorgegangen, Theresa von Avila zum Beispiel, die sich den gängigen Vorstellungen von weiblicher Frömmigkeit und Demut kühn widersetzte.
Vielleicht denkt jetzt manche von Ihnen, liebe Hörerin: die hat gut reden. Ich erlebe es ganz anderes. Ich bin ich als Frau in der Kirche heimatlos, obwohl mir Religion und die Gemeinschaft wichtig sind. Vielleicht ist es für Sie ein hoffnungsvolles Zeichen, dass sich morgen in der Liederhalle in Stuttgart viele Frauen aus allen christlichen Kirchen treffen werden unter dem Motto: „Aus der Fülle handeln – Frauen gestalten Zukunft.“ Ich vertraue darauf, dass die Lebenskraft, die Fantasie und das Gottvertrauen von so vielen Frauen die Kirche und die Gesellschaft verändern wie ein Sauerteig Jesu, der allmählich den ganzen Teig durchsäuert. https://www.kirche-im-swr.de/?m=2338
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