SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Viele Weihnachtslieder sind richtige Schlager geworden. Sie werden im Radio gespielt oder klingen auf Weihnachtmärkten. Wir singen sie in der Kirche und auf Weihnachtsfeiern.

„O du fröhliche“, “Ihr Kinderlein kommet“ „Vom Himmel hoch, da komm ich her“  - Wenn eines dieser Lieder angestimmt wird, dann kann ich laut mitsingen, so richtig aus vollem Hals.

Aber es gibt auch ein Weihnachtslied, das ist eher ein bisschen ruhig und nachdenklich. Ich liebe es trotzdem sehr. Es ist das Lied von Paul Gerhardt „Ich steh an deiner Krippen hier“. Er hat das Lied vor 350 Jahren geschrieben, mitten im Dreißigjährigen Krieg, der so viel Not und Elend über die Menschen in Europa gebracht hat. Auch Paul Gerhardt, der damals Pfarrer in Berlin war, hat viel Schlimmes erlebt. Seine Frau und vier von seinen fünf Kindern sind  innerhalb kurzer Zeit gestorben. Nur sein fünfter Sohn blieb am Leben, ist aber in den Wirren des Krieges verschollen. Ich verstehe, dass Paul Gerhardts Lieder alle einen nachdenklichen Ton haben. Auch das Weihnachtslied „Ich steh an deiner Krippen hier“  Es erzählt von einem Menschen, der Leid und Schmerz gesehen hat. Aber an der Krippe des neugeborenen Jesuskindes findet er Trost. „Ich lag in tiefster Todesnacht“, heißt es im Lied, „du warest meine Sonne. Die Sonne, die mir zugebracht Licht Leben Freud und Wonne.“

In seinem Lied sagt Paul Gerhardt ständig „Ich“ und erinnert mich damit daran, dass Weihnachten viel mit mir persönlich zu tun hat. Es ist nicht nur ein öffentlicher Feiertag oder ein schönes Familienfest. Es geht um mich. Was bedeutet mir dieses Kind in der Krippe?  Und was bedeutet es Ihnen?

Paul Gerhardt  hat in diesem Kind, das an Weihnachten zur Welt kam, mehr gesehen als ein neugeborenes Baby. Für ihn war in diesem Kind der Himmel ganz nah. Da hat er etwas von Gott gespürt: Das hat ihm Trost und Kraft gegeben.

Ich spüre nicht immer etwas von Gott. Bei mir gibt es Tage, da ist mir Gott ganz schön fern, irgendwo weit weg im Himmel. Dann sehe ich nur meine eigenen Sorgen und kämpfe mich durch meinen Alltag. Dann hilft mir das Lied von Paul Gerhardt dabei, dass ich mich wieder erinnere: Gott ist gar nicht fern. Er lag als Kind in einer Krippe, ein Mensch unter Menschen. Gott ist mir persönlich ganz nah.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23355
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