SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Weihnachten ist nun schon 3 Wochen her und danach geht’s ja oft darum, die Pfunde wieder loszuwerden, die man an diesen Tagen zugelegt hat. Bei uns in der Familie gibt es ein Bonmot: Man nimmt nicht zwischen Weihnachten und Neujahr zu, sondern zwischen Neujahr und Weihnachten. Das klingt logisch: Dass man die Pfunde nicht an den Festtagen zulegt, sondern in den Monaten dazwischen. Und ich finde, das gilt nicht nur fürs Abspecken, sondern auch für den Glauben. Auch wenn ich an den Festtagen religiöse Hochgefühle erlebe, eigentlich wächst mein Glaube doch im Alltag.

Aber meistens kommt es mir so vor, als ob ich an Festtagen den Glauben viel dichter erlebe als sonst. Ich gehe öfter in den Gottesdienst. Und diese Gottesdienste sind für mich meistens auch schöner. Die Kirchen sind geschmückt, es gibt besonders schöne Musik und ich bin nicht in einer leeren Kirchenbank, sondern viele feiern mit. Das macht mir Mut. Ganz zu schweigen davon, dass ich dabei den inneren Kern meines Glaubens stärker spüre: dass Gott sich uns Menschen zeigt. Und zwar in einem von uns. In Jesus. Dass ich das an den Feiertagen intensiver erlebe, beflügelt mich, aber es geht ja genau darum, wohin ich mich von diesen Flügeln im Alltagsleben tragen lasse.

Und das ist für mich eine permanente Herausforderung. Gerade wenn nämlich der Alltag wieder seinen Takt aufgenommen hat, ist es schon eine Überwindung für mich, am Sonntag auch früh aufzustehen und in den Gottesdienst zu gehen. Und zwar in den ganz Gewöhnlichen, nicht im Festtagsschmuck, mit der normalen Orgelmusik und nicht so vielen Leuten um mich herum. Es geht mir auch nicht darum, dass ich das Glaubensleben auf den Gottesdienst am Sonntag reduziere. Wenn ich meinen Glauben das Jahr hindurch leben will, gibt es dazu noch weitere Möglichkeiten.

Für mich ist das zum Beispiel eine bestimmte Zeit, die ich mir jeden Tag reserviere. Morgens vor der Arbeit. Ich habe mir dafür einen Platz in der Wohnung eingerichtet. Dort nehme ich mir zehn Minuten Zeit zum Meditieren und zum Beten. Das gelingt nicht immer gut, und es ist nicht immer religiös erfüllend. Aber ich möchte mir auch keinen religiösen Leistungsstress machen oder nur eine äußerliche Pflicht erfüllen. Es geht mir einfach nur darum, dass ich mir jeden Tag diese Zeit für meinen Glauben nehme und mir bewusst werde, dass Gott heute in meinem Leben spürbar werden könnte. Das klingt sicheranspruchsvoll und ich scheitere daran regelmäßig.

Aber ich will mich trotzdem nicht davon nicht abhalten lassen. Und wenn ich es vielleicht ein paar Tage lang nicht geschafft habe, fange ich eben wieder neu damit an:

Meinen Glauben nicht nur an Feiertagen lebendig werden zu lassen, sondern auch im Alltag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23316
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