Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„In vier Monaten ist Ostern wieder vorbei!“ – Das schnappte ich die Tage in Mainz in einer Straßenbahn auf. „In vier Monaten ist Ostern wieder vorbei!“ – Ich war regelrecht erschrocken. Als ich wieder bei mir war, dachte ich trotzig: Aber jetzt ist Advent!

Jetzt ist jetzt. Advent ist im Dezember, auch wenn das Weihnachtsgebäck schon im September im Supermarkt ausliegt und Weihnachtsmärkte schon Mitte November öffnen. Da ist es doch kein Wunder, dass wir nicht im Heute leben, sondern permanent an das denken, was noch kommt. An Weihnachten denken wir schon an Neujahr, an Neujahr an die Fassenacht, zeitgleich liegen die ersten Osterhasen aus. Und noch einmal: Jetzt ist Advent!

„Advent heißt: Warten können.“ So habe ich das einmal für mich festgelegt.  Warten können und warten lernen. Zur Ruhe kommen und erleben, was jetzt ist, was es jetzt gibt: Dunkelheit und Kälte, helle Lichter und heißer Punch, kurz: Warten können.

Wer wartet, braucht Wartestationen, Orte, wo er zur Ruhe kommen kann. In meiner Kirchengemeinde in Nieder-Olm gibt es an jedem Tag im Advent  eine solche Haltestelle. Familien laden am frühen Abend ein, vor ihrem Haus zusammen zu kommen, still zu werden, zu warten, Texte zu hören und Adventslieder zu singen. Vor allem die Kinder sagen immer wieder, dass sie es kaum erwarten können, dass endlich Weihnachten wird. Dass es Geschenke gibt.  Und doch: Jetzt ist Advent.

Ich brauche solche Haltestationen, um besser warten zu lernen. Um zur Ruhe zu kommen. Um auszuhalten, dass Weihnachten noch nicht ist. So kommt auch der Advent zu seinem Recht. Die Vier Wochen vor Weihnachten gilt es also nicht, irgendwie hinter sich zu bringen. Mal schnell im Sauseschritt Weihnachten zu begehen. Nein: Diese Tage sind Haltestellen, unterbrechen unsere Sehnsucht, schon wieder woanders sein zu wollen. Und nochmals: Jetzt ist Advent.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23244
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