SWR2 Wort zum Tag

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Philippus Fastenzeit, so nennt man in der orthodoxen Kirche das, was wir die Adventszeit nennen. Denn in der orthodoxen Kirche gibt es nicht nur eine Fastenzeit vor Ostern, sondern auch eine vor Weihnachten. Und die beginnt am Gedenktag des Apostels Philippus, den man in der orthodoxen Kirche am 14. November begeht. Ein sechswöchiges Fasten vor Weihnachten gab es in früheren Jahrhunderten auch in der Westkirche. Deshalb wurde häufig auch der Martinstag, der 11. November, mit großem Essen und guten Trinken gefeiert, denn bald danach musste ja gefastet werden.

Fasten im Advent? Mit unserm heutigen Lebensrhythmus ist das kaum vereinbar. Denn der Advent ist geprägt von vielen Weihnachtsfeiern. Vereine, Betriebe, Freundeskreise überall findet man sich zu einem gemütlichen Fest zusammen. Meist mit gutem Essen und Trinken. Es gibt wohl kaum eine Zeit, in der unsere Restaurants so ausgebucht sind. Und dazu kommen Weihnachtsmärkte: Glühwein- und Plätzchenduft mischen sich in unseren Städten mit dem Geruch von Bratwurst, Steaks und Reibekuchen. Ein Fasten im Sinne von wenig essen und trinken ist da kaum möglich. Aber es gibt ja auch noch ein anderes Fasten: „Das ist ein Fasten wie ich es liebe…an die Hungrigen dein Brot auszuteilen und die Obdachlosen in dein Haus aufzunehmen“, (Jes 58,5.7) sagt Gott dem Volk Israel beim Propheten Jesaia. Und dieses Fasten wird auch im Advent geübt. Denn der Advent ist nicht nur die Zeit der vielen Feierlichkeiten, des Essens und Trinkens, sondern auch die Zeit des Spendens. In kaum einer anderen Zeit des Jahres sind die Menschen so spendenfreudig. Kein Weihnachtsmarkt ohne eine Wohltätigkeitsaktion. Ist ja auch klar, denn die Menschen spüren, dass die Botschaft von Weihnachten einfach nicht in Übereinstimmung damit zu bringen ist, dass die einen schlemmen und die andern nichts zu essen haben. Und wenn man zu den Schlemmern gehört, sollte man wenigsten etwas an die geben, die nichts haben. Denn „Frieden auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens“ gibt es nur durch Gerechtigkeit, dadurch dass die Güter dieser Welt geteilt werden. Wer das Kind in der Krippe ernst nimmt, kommt daran nicht vorbei. Und das Schöne am Spenden: Man kann im Advent fasten und braucht nicht auf Essen und Trinken zu verzichten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23202
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