SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Heute in einem Monat feiern wir Weihnachten. Eine Woche später ist der letzte Tag im Jahr 2016. Das sage ich nicht, um Ihnen Stress zu machen. Eher weil ich  empfinde, wie es in einem Lied heißt: Die Zeit sie eilt dahin…

Schnell vergeht sie. Ich merke es, wenn der Zahnarzt sagt, im Februar waren Sie zum letzten Mal da. Und ich hatte gedacht, das war vor ein paar Wochen. Die Zeit sie eilt dahin…

Im November spüre ich deutlicher als sonst, wie das Jahr vergeht und auch, wie das Leben vergeht. Ich denke an Menschen, von denen ich Abschied genommen habe für immer. Der Gang auf den Friedhof gehört dazu. Ich besuche die Gräber. Ich zünde Kerzen an oder lege ein Gesteck ab. Es tröstet mich, wenn ich mir dabei vorstelle, dass Gott die Zeit und alle Lebenszeiten in seinen Händen hält.

Wenn ich in diesen Wochen das Vergehen der Zeit so stark empfinde, glaube ich dennoch, dass mir das Jahr nicht einfach durch die Finger rinnt: alles was ich bisher in diesem Jahr erlebt habe, was ich geschafft und was ich durchgestanden habe. Alles auch was andere für mich getan haben. Das ist nicht wenig. Es ist da. Nichts ist verloren.

Manches Mal frage ich mich: Wo ist die Zeit hingekommen? Was habe ich heute geschafft? Wie schnell ist dieser Monat vergangen? Gerade in Zeiten, in denen ich Geduld brauche, weil es nicht so läuft  wie geplant, wenn ich keinen Sinn sehe in  endlosen Sitzungen. Dann habe ich das Gefühl, es ist verlorene Zeit.

Trotzdem finde ich: diese unfreiwilligen Unterbrechungen gehören in meine Zeit hinein. Vielleicht kann ich lernen, sie als heilsame Auszeiten anzusehen. Sie geben mir Zeit. Sie laden mich ein, dass ich Atem schöpfe. Sie erlauben mir, dass ich zu mir selbst komme und auf mein Leben schaue. Und oft werde ich dankbar für das, was trotz allem glücklich verlaufen ist oder gut überstanden.    

Die Zeit sie eilt dahin. Gerade deshalb will ich mein Leben Gottes Händen anvertrauen. Er hält meine Zeit, die aktive und gesunde und auch die einsame und schwere in seinen guten Händen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23177
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