SWR2 Wort zum Tag

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...als Hoffnungszeichen in einer zerrissenen Zeit

Es war ein historischer Moment: Bei seinem Besuch der Reformationsfeier im schwedischen Lund betonte Papst Franziskus die Einheit der Christen. Das war mutig und wäre vor einiger Zeit noch undenkbar gewesen. Mit den Spitzen der lutherischen Kirchen gedachte er der Reformation, die sich nächstes Jahr zum fünfhundertsten Mal jährt.

Martin Junge, der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, sagte: "Wir erkennen an, dass es viel mehr gibt, was uns eint, als was uns trennt. Wir sind Zweige eines Weinstocks. In der Taufe sind wir eins." Und der Papst betonte, dass die Reformation dazu beigetragen hat, „die Heilige Schrift mehr ins Zentrum des Lebens der Kirche zu stellen. Die geistliche Erfahrung Martin Luthers hinterfragt uns und erinnert uns daran, dass wir ohne Gott nichts vollbringen können." Da lobt also ein Papst das neue und positive, das die Reformation gebracht hat.

Jeder Schritt der geteilten Christenheit aufeinander zu ist für mich ein Schritt der Hoffnung und gleichzeitig ein wichtiges Gegengewicht zum herrschenden Trend dieser Tage. Gemeinsamkeit und Versöhnung stehen zur Zeit ja immer seltener auf der Tagesordnung, vielmehr der viel beschworene „Kampf der Kulturen“, die Abschottung gegen Fremde, der Aufstieg von Populisten und die Konzentration auf die eigenen Interessen.

Nein, ich mache mir keine Illusionen darüber, dass die christlichen Kirchen auf einmal die böse Welt komplett umdrehen könnten. Aber sie sind auch nicht ganz ohne Stimme in den Gesellschafen Europas und Amerikas. Ihre Meinung wird immer noch gehört und deshalb muss auch ihr Zeugnis Kraft haben und glaubwürdig sein. Glaubwürdigkeit ist ja ein Zauberwort der heutigen gesellschaftlichen Diskussion und was man predigt muss man auch praktizieren. 

In der Atmosphäre der Konfrontation und des Hasses brauchen wir Hoffnungszeichen. Die Versöhnung der Konfessionen entspricht auch der Botschaft des Evangeliums, das im Zentrum der kirchlichen Lehre steht. Die Spaltung der Christenheit ist deshalb ein Skandal, weil sie eben genau dieser Botschaft widerspricht. Und ich frage mich: Können wir Christen es uns noch länger leisten, gespalten zu sein in einer Zeit, die unter so viel Spaltung leidet? Machen wir uns nicht unglaubwürdig, wenn wir die Zerrissenheit der Welt durch unsere eigene Zerrissenheit vergrößern?

Sauerteig in der Welt zu sein, wie es in der Bibel heißt, bedeutet mit gutem Beispiel voran zu gehen und den Spaltern zu sagen: Es geht auch anders, Versöhnung ist möglich und richtig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23149
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