SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Ein Fest feiern – mit nichts außer sich selber und ansteckender Lebensfreude. Ich habe dies vor kurzem erlebt in Mamelodi, einer großen armen Schwarzensiedlung in der Nähe der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria. Die katholische Gemeinde dort feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Pünktlich um 8.30 Uhr, wie vereinbart, ist unsere kleine Reisegruppe dort. Wir wollen nicht zu spät zum Gottesdienst kommen. Es dauert dann allerdings noch eine Stunde, bis alle da sind und der Gottesdienst wirklich anfängt. Die Kinder spielen einstweilen Fußball, die Erwachsenen kaufen in einem kleinen Second-Hand-Shop im Freien vor der Kirche ein. Niemand stört das.  „Du kommst, wenn Du kannst“, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Und: „Du bist willkommen, wenn Du kommst.“ 

Es wird dann ein Gottesdienst, wie man ihn nur in Afrika erleben kann. Fast drei Stunden dauert er. Die Lieder, von einem kleinen, aber stimmgewaltigen Chor intoniert, sind mitreißend. Die Kinder schauen uns Weiße aus Deutschland neugierig an, aber fremd fühlen wir uns nicht. Wir gehören selbstverständlich zu dieser ausschließlich einheimischen Gottesdienstgemeinde dazu. 

„Wir müssen nicht auf andere schauen, denen es besser geht“, sagt der Gemeindepfarrer in seiner Predigt. „Weil wir gut und glücklich leben, deshalb feiern wir ein Fest.“ Mehr Besitz, mehr Wohlstand – das alles sei äußerlich. „Wir feiern das Fest unseres Lebens. Wir feiern unseren Glauben und unsere Liebe zu Jesus“, sagt der Pfarrer. „Das ist die Botschaft, um die es geht und die verkündet werden muss.“ 

Einfache Worte; für viele in dieser Gemeinde ist das Leben mit Sorgen belastet, das sieht man ihnen an. Erst vor kurzem hat es hier in der Siedlung gewalttätige Ausschreitungen gegeben. Und doch scheint es, als erreichten diese Sätze die Herzen der Menschen. 

Nach dem Mittagessen wollen wir eigentlich wieder gehen. Das Tagesprogramm sieht  es so vor. Aber dann merken wir, dass die Gemeinde einiges vorbereitet hat: akrobatische Tanzeinlagen die Kinder, Lieder oder gespielte Bibelszenen die Jugendlichen und die Erwachsenen. Sie wären sehr enttäuscht, wenn wir nicht dabei blieben. Natürlich würden sie auch feiern, wenn wir an diesem Sonntag nicht gekommen wären. Aber heute gehören wir dazu; wir sind willkommen, einfach weil wir da sind. Und das Fest wäre ohne uns nicht so schön. 

Unser restliches Tagesprogramm entfällt. Ein gemeinsames Fest zu feiern, einfach so, weil das Leben an diesem Tag schön ist – das ist wichtiger als alles andere.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23137
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