Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Dieser Satz klingt lange in mir nach: „Wenn wir hier zusammensitzen, erzählen, essen und trinken, wenn ich spüre, ich bin nicht allein, dann ist das für mich, als hätte ich Flügel am Rücken.“

Der Satz fällt an einem sehr schönen Abend. Wir sind sechs Frauen und sitzen um einen Tisch. Es gibt traditionelle Gerichte aus dem Kosovo. Eine der Frauen ist Hana. Sie hat uns eingeladen. Sie will sich bedanken für die Hilfe, die sie hier erlebt. Hier in Deutschland in einem für sie immer noch fremden Land. Hilfe, wenn Unterlagen von den Ämtern kommen. Wenn die Kinder zum Sportverein wollen. Wenn die deutsche Sprache mal wieder viel zu kompliziert ist.

Hana hat viel hinter sich und sie weiß, dass noch einiges vor ihr liegt. Wenn sie zum Briefkasten geht, hat sie Herzklopfen. Denn es könnten schlechte Nachrichten drin liegen.

Und so wartet und hofft sie, dass alles gut wird. Das zermürbt. Das raubt ihr nachts den Schlaf. Aber der Abend mit uns Frauen, gibt ihr Kraft. Sie kann lachen und ist einfach nur froh, dass uns schmeckt, was sie kocht.

Und dann sagt sie diesen Satz: „Das hier ist für mich, als hätte ich Flügel am Rücken“. Wie sie so strahlt, spüre ich: Der Abend macht ihr das Leben ein bisschen leichter.  Ein Abend, der Flügel verleiht!

Ja, Gemeinschaft erleichtert vieles. Das erlebe ich auch so. Wenn ich anderen sagen kann, was gerade so los ist, wo ich nicht weiterkomme, worüber ich mich ärgere. Wenn ich spüre: Andere interessieren sich für mich, egal ob ich gut oder schlecht drauf bin.

Gemeinschaft erleben heißt: Ich teile ein Stück meines Lebens: Das macht das, was belastet und schwer ist, ein bisschen leichter und erträglicher -  zumindest für ein paar Stunden.

Und dann gilt auch für mich dieser Satz: „Wenn wir zusammensitzen, dann ist das für mich, als hätte ich Flügel am Rücken.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23100
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