Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Ich glaube, der wird jetzt Kollege von Gott.“ Das hat die kleine Anna am Grab von Frère Roger in Taizé gesagt.
Anna ist acht Jahre alt. Seit ihrer Geburt war sie mit ihren Eltern jedes Jahr eine Woche lang in Taizé. Sie haben dort Besinnungstage mitgemacht. Die ökumenische Brüdergemeinschaft lädt dazu ein, und jedes Jahr kommen Tausende von Menschen. Sie lassen sich inspirieren von den Brüdern, durch ihr Gebet und ihre Gesänge, durch ihre Impulse für ein Leben aus dem Geist Jesu.
Frère Roger hat die Gemeinschaft gegründet und viele Jahrzehnte geleitet – bis er während eines Gottesdienstes von einer psychisch kranken Frau erstochen wurde.
Anna hat Frère Roger jedes Jahr erlebt – und er hat einen tiefen Eindruck auf sie gemacht. Sie hat nicht nur gespürt, dass er die Kinder besonders gern hat. Sie hat seine Ausstrahlung mitbekommen, wie gütig und weise er war. Er hat in ruhigen und überzeugenden Worten davon gesprochen, wie die Menschen aus der Liebe Gottes leben können. Vor allem hat er nicht nur davon gesprochen, sondern er hat es gelebt und verkörpert. Er war ein Mann des Friedens, er war ein Mann Gottes.
Und genau das hat Anna in ihrem kindlichen Gespür wahrgenommen. Deshalb hat Frère Roger eine enorme Wirkung auf sie gehabt. Als sie von seinem Tod erfahren hat, war sie untröstlich. Beim nächsten Besuch in Taizé hat sie dann in Worte gefasst, was sich für sie aus seinem Tod ergibt: „Ich glaube, der wird jetzt Kollege von Gott.“
Damit hat sie nicht nur etwas über Frère Roger gesagt, sondern auch etwas darüber, wie Gott ist. So, wie Anna Frère Roger erlebt hat, war ihr klar: Das ist ein Mensch, der Gott besonders nahe ist. Deshalb muss er jetzt, nach seinem Tod, „Kollege von Gott“ sein. Die Begegnung mit Frère Roger hat Annas Gottesbild mitgeprägt: Gott muss so ähnlich sein wie Frère Roger, nur viel größer.
Gott hat also in diesem konkreten Menschen ein Gesicht bekommen, eine Stimme und Hände.
Er hat beispielhaft das gelebt, was die Berufung aller Christen ist: dass wir uns von der Liebe Gottes verwandeln und erfüllen lassen – und sie dann in unserer Welt ausstrahlen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2307
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