Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Unterbrechung“: Ein Wort, das in den Anfangszeiten des Fernsehens aktuell war. Immer dann, wenn ein technischer Defekt die Sendung lahm legte, erschien dieser Schriftzug auf dem Bildschirm. Heutzutage kommt das nicht mehr vor. Eine Unterbrechung gibt es bei Fernsehen und Radio nur noch, wenn sie gewollt ist. So wird im Radioprogramm bewusst ein Schnitt gemacht für eine Gefahrenmeldung, etwa wenn ein Geisterfahrer unterwegs ist. Technisch laufen die Programme meist ohne Unterbrechung.
„Technisch“ läuft auch das Leben vieler Menschen in unserer Gesellschaft fast ohne Unterbrechung. Es muss laufen. Beruflich sind viele arg eingespannt oder gar getrieben. Auch privat bewegt sich vieles im gewohnten Trott. „Es läuft“ eben. Im schlimmsten Fall bedeutet das: Die Menschen „funktionieren“ nur noch. Aber: „Leben“ ist etwas anderes.
Spätestens dann – oder am besten schon vorher – tut eine „Unterbrechung“ gut. Bewusst innehalten und sich herausziehen aus der Tretmühle. Äußeren und inneren Abstand gewinnen zu dem, was mich sonst antreibt und einengt. Von dieser Warte aus den Strom anschauen, von dem ich sonst mitgerissen werde. Wieder den Überblick gewinnen. Und dann: den Blick nach innen lenken, dorthin, wo meine Sehnsucht lebt, die im Alltag oft nicht hochkommen kann. Neu sensibel werden für meine innere Stimme, und auf sie hören, auf Gott hören. Mehr zu mir selbst kommen und aus meiner Mitte leben. Und dann mit frischer Kraft und mit geschärftem Blick bewusster in den Alltag zurückkehren. Solche Unterbrechungen sind eine Wohltat. Sie helfen aufzuleben.
Kein Wunder, dass sich immer mehr Menschen dafür einige Tage in ein Kloster zurückziehen. Klosterleben bedeutet, dass man sich herauszieht aus dem, wie das Leben üblicherweise läuft. Die Mönche und Nonnen im Kloster sind Meister der Unterbrechung. Mindestens viermal am Tag halten sie inne – für das gemeinsame Gebet und die persönliche Meditation. Im einem solchen Kloster können Sie den Wert der „Unterbrechung“ schätzen lernen. Und Sie können ahnen, wie Sie das Innehalten in Ihren Alltag einbauen können. Damit Sie nicht außengesteuert leben, sondern innengesteuert. Damit „es nicht läuft“, sondern damit Sie Ihren ganz persönlichen Weg gehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=2306
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