SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Es ist der beste Trauspruch, den ich je gehört habe. Ein poetisch begabter Freund von mir hat ihn für sich und seine Frau zur Hochzeit geschrieben: “Liebe heißt: der Abstand, den ich brauche um Dir nahe zu sein. Und die Nähe zu mir selbst um den Abstand halten zu können.“ Noch mal: “Liebe heißt: der Abstand, den ich brauche um Dir nahe zu sein. Und die Nähe zu mir selbst um den Abstand halten zu können.“ Beide haben sich gegenseitig diesen Spruch während der Hochzeit zugesagt. Ich finde ihn großartig, weil er deutlich macht, dass bei allem verliebten „Wir“ jeder in der Ehe eine einzelne unverwechselbare Persönlichkeit bleibt. Gott erschafft nur Originale. In der Hochzeitszeremonie spielen die Ringe als Symbol eine große Rolle. Sie sehen ähnlich aus, sind aber jeder für sich ein eigenes Kunstwerk, unterschieden allein schon durch die Größe. Den eigenen Ring dem Anderen an den Finger stecken geht nicht, passt nicht. Das eigene Leben lässt sich dem anderen nicht überstülpen. Indem der Bräutigam der Braut ihren eigenen Ring übergibt sagt er ihr durch dieses Symbol ein dreifaches Ja: ich sage Ja zu Dir wie Du warst, zu Deiner Geschichte und ich sage Ja zu Dir wie Du jetzt bist und komme dazu. Das ist im Moment der Trauung leicht zu sagen. Da christliche ist das dritte Ja: ich sage Ja zu Dir wie Du sein wirst. In der Zukunft, die ich nicht überschaue. Umgekehrt geschieht das Gleiche. In diesem dreifachen Ja binden sich die Beiden aneinander: vor Gott und der Kirche, vor allen Anwesenden und vor sich selbst. Der Priester traut im eigentlichen Sinne nicht. Er bestätigt nur. Mann und Frau trauen sich selbst in der Hoffnung, sich auch in schwierigen Zeiten an dieses dreifache Ja zu erinnern, dass bei allem Wir nicht vergessen lässt, dass jeder in der Ehe einzigartig bleibt. So wie Gott es wollte.

Und wenn sich doch die Wege trennen: Respekt vor dem was mal wahrhaftig war.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23052
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