SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Der Oktober endete früher mit dem Tag an dem katholische Bauern ganz besonders gerne Mist gefahren haben. Der Reformationstag war ein willkommener Anlass deutlich zu machen, was man von der anderen Fraktion hielt. Das galt für beide Seiten, denn einen Tag später, an Allerheiligen, düngten mit Vorliebe die Evangelischen. Aberwitzig für Leute, die sich eigentlich nicht riechen konnten. Heute kann man sich über diese Kindereien amüsieren, auch wenn das eigentlich so lange noch nicht her ist. Die Christen sind einander näher gerückt und verzichten auf solch widersinnigen Sticheleien und Hasstiraden – jedenfalls in unserem Land. Gerade sind katholische und evangelische Bischöfe von einer gemeinsamen Pilgerfahrt ins Heilige Land zurückgekehrt. Vor einigen Jahren wäre das noch undenkbar gewesen.

Back to the roots, zurück zu den Wurzeln, im Land des Evangeliums wird klar, dass uns mehr verbindet als trennt. Wer aber jemals den Lärm und das Konfessionsdurcheinander der Jerusalemer Grabeskirche erlebt hat weiß, wie viel Steine auf dem Weg zur Einheit noch weggeräumt werden müssen. Trotzdem: Ich bin sicher: der Wille zur Einheit und der Wunsch auch die letzten Gräben zu überbrücken wird stärker sein. Wenn man nur will. Größe und menschliche Weite zeigt sich auch im Respekt vor den Schätzen der anderen Glaubenstradition und im Respekt vor den Generationen, die sie gelebt haben. Damit fängt es an. Reformationstag ist nicht nur das Datum eines historischen und folgenschweren Ereignisses, erinnert nicht nur an Luther und die berühmten Thesen sondern fragt auch, wie viel Reformationsbedarf sich mittlerweile wieder angesammelt hat: in beiden Kirchen.

„Ich will, dass sie eins sind“, sagt Jesus Christus im Evangelium. Diese Forderung gilt. Nicht als Utopie, sondern als Auftrag Jesus Christi, dem alle Christen vor ihrem Gewissen Gehorsam schulden. Und zusammen ist dann auch mehr Verständnis Andersdenkenden gegenüber möglich. Egal welcher Hautfarbe, Religion und Kultur sie angehören mögen. In einer Zeit wo durch den Zuzug von Menschen anderer Kulturen, die freiwillig oder in die Flucht getrieben hier bei uns ankommen, werden innerchristliche Konfessionsprobleme noch unverständlicher, wie sie es eh schon sind. Hier sind Christen als Christen gefordert, egal ob katholisch, orthodox oder evangelisch. Gemeinsam. Mit möglichst einer Stimme.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23049
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