SWR3 Gedanken

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Meine erste Bergtour in 3000 Metern Höhe werde ich so schnell nicht vergessen.

Früh morgens brechen wir auf. Nach einer halben Stunde kommen wir am Gletscher an. Das heißt: Klettergurt anziehen und eine Seilschaft bilden. Sie soll uns sichern, dass keiner abstürzt. Also binden sich alle in gleich großen Abständen in das Sicherungsseil ein.

Nach drei Stunden haben wir das Eisfeld überquert, binden uns los und besteigen den Berg. Oben angekommen zieht schlechtes Wetter auf und wir beschließen so schnell wie möglich abzusteigen. Unten müssen wir nochmal den Gletscher überqueren. Also wieder eine Seilschaft bilden.

Und dann verlassen mich die Kräfte. Aber ich will unbedingt durchhalten. Als mein Freund Johannes merkt, dass es mir nicht gut geht, gibt er mir einen Riegel und was zu trinken. 10 Minuten Pause. Ich schnaufe aus. Die anderen reden mir gut zu: „Wenn es dir hilft: Für mich ist es echt auch hart.“, „Lass alles stehen, wir nehmen deinen Rucksack!“, „ Ja kein falscher Stolz!“

So unangenehm es mir ist, ich tue was die anderen sagen.  „Wir sind doch eine Seilschaft!“, meint Elmar. Ich fühle mich ein bisschen so,  als hätte ich versagt. Die werden mich nie wieder mitnehmen.

Ich bin so froh, als wir endlich an der Hütte ankommen. Was für eine Tour.

Was Elmar gemeint hat als er gesagt hat: „Wir sind doch eine Seilschaft“, ist mir erst im Nachhinein klar geworden: Eine Seilschaft ist eine Bergsteigertruppe. Und die steht bedingungslos füreinander ein: Zusammen auf den Berg rauf und wieder runter, auf den Schwächsten achten und sich gegenseitig stützen. In unserer Seilschaft haben alle auf mich gewartet, mir gut zugeredet, mir Sachen abgenommen, obwohl wir es eilig hatten.

Ich bin froh, dass es solche Seilschaften gibt. Sie helfen mir, schwere, anstrengende Zeiten durchzustehen. Und sie geben mir Kraft wenn meine eigene am Ende ist – auf dem Gletscher oder anderswo.

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