Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wann ist es eigentlich genug?“ Diese Frage hat Martin Luther sein ganzes Leben lang umgetrieben. Als begabter Junge, der er war, hat er alle Ausbildung bekommen, die damals zu kaufen war. ER sollte mal die Erzbergwerke seines Vaters übernehmen, Silbergewinnung war ein höchst lukratives Geschäft. Und ein Jurastudium war da gerade recht. Martin Luther ist im wahrsten Sinn des Wortes mit dem Silberlöffel im Mund auf die Welt gekommen.

Aber was er gemacht hat, war nie genug. Zu Hause nicht, wo sein Vater mit strenger Hand regiert hat. Und er selbst war auch nie zufrieden mit sich. Denn damals hatten alle viel Angst. Angst vor Armut, vor der Pest und vor allem: Angst davor, ein verdorbener, gottloser Mensch zu sein, auf den nichts als die Hölle wartet.

Kurzum: Luther fand sich selber nie gut genug. Er dachte: wenn ich ins Kloster gehe, entkomme ich dem Zorn des Vaters, dem Zorn Gottes und der ganzen gnadenlosen Gesellschaft. Aber im Kloster ging es grade so weiter. Dort waren seine Gebete auch nie genug. Der Abt befahl ihm, nicht nur für sein eigenes Seelenheil zu beten, sondern -gegen Geld, das der Orden bekam-  auch noch für andere. Die keine Zeit zum Beten hatten.

Und so hätte er sich wohl bis in Ewigkeit im Hamsterrad abgearbeitet immer mit dem Gefühl: „genug ist nicht genug“- aber eines Tages ist er auf einen Satz in der Bibel gestoßen.

Da hieß es: lass es genug sein. Hab Vertrauen in Gott. Vertraue darauf, dass Gott dich liebt und annimmt wie du bist. So wie eine Mutter ihr unfertiges Kind annimmt und liebt wie es ist.

Das war die Wende im Leben des Martin Luther. Zum ersten mal hat er gehört: Genug ist genug. Du musst nicht immer hinter der Anerkennung der Anderen herrennen, du musst dich nicht ständig optimieren. Halte es aus, Fehler zu machen, von den Anderen nicht gemocht zu werden, zu scheitern. Du bist Gott genug, deshalb hab Vertrauen und lebe.

Mit dieser Entdeckung hat Martin Luther seine Zeit und unsere Geschichte verändert. Deshalb feiern wir Evangelische heute den Reformationstag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23038
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