SWR3 Gedanken

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Viele Eltern machen sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder.  „Unsere Kinder sollen Englisch schon im Kindergarten lernen!“ sagen sie.  „Ja, und vielleicht auch chinesisch!“ In der Grundschule soll das Kind ein Musikinstrument lernen, das ist gut fürs Gehirn. Aber natürlich soll es auch Sport treiben. Gute Noten müssen sein, das Kind soll ja auf ein gutes Gymnasium. Dort müssen Auslandserfahrungen her. Die helfen für ein Studium an einer herausragenden Uni. Nebenbei heiraten, 1-2 Kinder kriegen und die Balance zwischen Kindern und Karriere meistern. Lebenslanges Lernen, eigentlich ganz schön, wird zum erdrückenden Anspruch: sich zur Ruhe setzen? Selbst Rentner müssen heute fit und jugendlich bleiben.

Das ist unmenschlich, meinte schon Martin Luther. Nächstes Jahr, 2017 feiern die evangelischen Christen die Reformation. Ihren Anfang 1517 sehen wir in dem Ereignis, als Martin Luther seine 99 Thesen an die Schloßkirche von Wittenberg geschlagen hat.

Seine wichtigste Erkenntnis war das, was er „Rechtfertigung allein aus Glauben“ genannt hat. Was er damit gemeint hat, ist im Grunde ganz einfach: Wir Menschen werden von Gott nicht nach dem beurteilt, was wir leisten oder was wir nicht leisten. Also auch nicht nach dem, was wir falsch gemacht haben. Anders als wir, liebt Gott uns immer. Vielleicht so, wie eine Mutter oder ein Vater ihr Baby lieben, noch bevor es sprechen kann oder etwas vorzuweisen hat.

Luthers Erkenntnis hat seine Zeitgenossen begeistert. Und kann auch in unserer gestressten Gesellschaft richtig befreiend sein: dein Leben ist gut und wertvoll, auch wenn du nicht alles schaffst, auch wenn du kein chinesisch sprichst, auch wenn du unmusikalisch oder unsportlich bist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23023
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