SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Der Herbst zeigt sich mittlerweile in seiner ganzen Pracht. Überall die bunten Blätter. Der Nebel, der Wind, die Kälte. Alles bereitet sich auf den Winter vor. Die Pflanzen, die Tiere.

Wenn es draußen dunkler und kälter wird, dann werden auch die Themen in den Gottesdiensten herbstlicher. Es geht auf das Ende des Kirchenjahres zu. Und da werden auch die Themen dunkler. Da geht es um den Tod. Darum, an die Menschen zu erinnern, die schon gestorben sind. Im November kommen Volkstrauertag und Totensonntag.

Im Herbst führt uns die Natur vor Augen: Alles hat ein Ende. Im Blick auf ältere Menschen sprechen wir ja auch vom Herbst des Lebens.

Ein Theologe und Philosoph hat vielleicht auch aus diesem Grund einmal gesagt: „Ich ziehe deshalb den Herbst dem Frühjahr vor, weil das Auge im Herbst den Himmel, im Frühjahr aber die Erde sucht.[1]

Im Frühjahr schaut man  auf die Erde, was da alles wächst. Überlegt sich vielleicht schon, was man dieses Jahr in welches Beet setzt. Im Frühling feiern Christen Ostern. Dass Jesus von den Toten wieder auferstanden ist. Das Fest des neuen Lebens. Und in den Gärten blüht es.

Im Herbst ist das anders. Mir wird klar. Ich werde nicht ewig leben. Alles vergeht, so wie die Bäume ihre Blätter verlieren. Ich schaue immer wieder in den Himmel. Denn von oben fallen die Blätter, fällt der Regen oder tanzt der erste Schnee. Da oben fliegen auch die Drachen. Ich überlege mir dann manchmal: Wie wird das wohl sein, wenn ich mal sterbe. Was kommt dann? Wie wird das wohl sein – ganz bei Gott zu sein. Und das weitet meinen Blick. Hebt meinen Horizont. Das Leben ist nicht am Ende, wenn es zu Ende geht. Das glaube ich ganz sicher. Der Tod gehört zum Leben dazu. Danach geht es weiter. Und Gott umfasst beides: Tod und Leben. Wie der Himmel, den man jetzt so gut sieht, die Erde umfasst.

Deshalb finde ich es auch gut und wichtig, dass sich im Herbst noch einmal der ganze Reichtum des Lebens zeigt. In den Farben, in den Früchten, der ganzen Schöpfung Gottes. Ich mag den Herbst. Und diesen Blick in den Himmel. Weil der mich erinnert: Es geht weiter. Es kommt dann der Winter. Aber es wird auch ganz sicher wieder Frühling.


 

[1]          Søren Kierkegaard

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23006
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