SWR3 Gedanken

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Es gibt Beziehungen, die halten alles aus. Ärger und Streit oder jahrelanges Schweigen. Auch wenn die Beziehung manchmal nur am seidenen Faden hängt, der Faden reißt  nicht ab.

Als ich noch ein Kind war, habe ich das mit dem Faden geübt. Mit meiner Schwester. Damals mussten wir immer mal in den Keller. Abends, wenn es draußen dunkel war. Sprudel oder ein Glas Gurken fürs Abendessen holen. Und weil das so gruselig war im Keller, haben wir uns das mit dem Faden ausgedacht. Eine bleibt oben an der Kellertreppe stehen und hält die Fadenrolle, die andere nimmt das Fadenende, und rollt den Faden ab, während sie in den Keller geht. Vorbei an der dusteren Kartoffelkiste, vorbei an der Wasserpumpe, die plötzlich anspringt und dabei laut stöhnt.

„Lass den Faden nicht reißen, wenn du um die Ecke gehst!“ hat meine Schwester  oft gerufen. war! Unser Code war: Einmal am Faden ziehen- alles ok. Zweimal ziehen: Hilfe, Hilfe! Bitte sofort kommen.

Das hab ich mir gemerkt. Fürs Leben. Für die Beziehungen, die mir wichtig waren. Einmal am Faden ziehen- eine SMS, ein Gruß- alles ok. Zweimal am Faden ziehen: Bitte komm sofort! Das hat in vielen Situationen geholfen.

Und so mach ich das auch mit meiner Beziehung zu Gott. Die hängt auch manchmal am seidenen Faden. Weil ich das, was in der Welt passiert, oft nicht mit Gott zusammenkriege. Aber immer wenn ich morgens mit Angst im Bauch aufgewacht bin, immer wenn ich zweimal am Faden gezogen habe im Sinn von: „Hilfe, Hilfe, bitte komm sofort!“ Immer dann sind seltsame Dinge passiert. Da hat mich jemand getröstet, ohne es zu wissen. Oder mir ist ein Satz in den Schoß gefallen wie: „Siehe, ich bin bei dir, wohin du auch gehst.“ Es ist oft nur ein seidener Faden. Aber er hält und er wirkt Wunder.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22993
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