SWR2 Wort zum Tag

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Welchen Wert hat ein Mensch? Ist er nur Mittel für meine Zwecke? Oder für die Interessen anderer? Oder hat jeder Mensch einen Wert für sich? Abstrakte Fragen. Ganz konkret lassen sie sich am Musical My Fair Lady diskutieren.

Das kam heute vor 32 Jahren, am 21. Oktober 1964, in die Kinos. Und My Fair Lady hat bis heute nichts von seinem Zauber verloren. Ein Zauber, den er vor allem seiner Hauptdarstellerin Audrey Hepburn verdankt.

Zur Story: Am Anfang steht eine Wette. Der ziemlich eigebildete Wissenschaftler Henry Higgins wettet mit seinem Freund Pickering, dass er aus der armen und ungebildeten Blumenverkäuferin Eliza Doolittle eine echte Lady, eine Herzogin machen kann. Und zwar, indem er ihr den Akzent der feinen Londoner Gesellschaft beibringt. Wer den beherrscht, so Higgins, der geht als Lady durch – egal, woher er stammt.

Eliza lässt sich auf Sprach- und Benimmunterricht ein. Nach einigen Irrungen und Wirrungen wird aus ihr eine echte Lady.

Aber Eliza entdeckt, dass sie nur benutzt wurde. Sie stellt fest: Higgins und Pickering ging es nie um sie als Person, sondern immer nur um ihre Wette.

Eliza deckt auf, dass My Fair Lady ein ganz problematisches Menschenbild transportiert. Zumindest das Menschenbild des abgedrehten Wissenschaftlers Henry Higgins. Der sieht Menschen nämlich nur als Versuchstiere an. Für das, was Eliza empfindet, wie sie sich entwickelt, dafür interessiert er sich nicht. Was tragisch ist. Denn Eliza ist nach ihrer Sprach- und Benimmtherapie heimatlos. Natürlich ist sie immer noch keine Herzogin – und auch in die Straßen rund um ihren alten Blumenladen gehört sie nicht mehr hin. Weil ihr der alte Dialekt und die üblichen Verhaltensweisen dort gründlich ausgetrieben wurden.

Kurz: Das Experiment ist geglückt – aber der Mensch dahinter kommt zu Schaden. Auch davon erzählt das Musical My Fair Lady. Dass es falsch ist, Menschen für Wetten, für Wissenschaft oder anderen Interessen zu benutzen. Dass jeder Mensch einen Wert hat – egal, welchen Dialekt er spricht oder woher er kommt.

 

 

 

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