SWR3 Gedanken

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Eine Erkältung knüppelt mich nieder. Zehn Tage lang schniefe und schnupfe ich, kämpfe mit Fieber, mit Kopf- und Gliederschmerzen. Weit entfernt von meiner sonstigen Leistungsfähigkeit schleppe ich mich durch den Tag und fühle mich fürchterlich schwach. Und das gefällt mir gar nicht. 

Ich mag nicht schwach sein. Oder anders gesagt: Ich mag mich nicht, wenn ich schwach bin. Und vielen anderen geht es genauso. Kein Wunder. Schließlich leben wir in einer Gesellschaft, in der Stärke etwas zählt. Nur die Harten kommen in den Garten, heißt es so schön. Wer mag da schon zu den Schwachen gehören? 

Offensichtlich gibt es das Problem schon länger. Denn in der Bibel sagt Gott: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Klingt wie eine Art Gegenprogramm zu dem, was ich tagtäglich erlebe. Bei Gott kommen wohl nicht nur die Harten in den Garten, sondern auch und gerade die Zarten, die Schwachen, die Verletzlichen. 

Meine Erkältung legt sich, langsam gewinne ich wieder meine alte Form. Andere sind anders dran. Die sind und bleiben schwach. Bringen einfach nicht die Voraussetzungen mit, um im Spiel der Starken ernsthaft mitzuspielen. Im Garten der Welt werden sie immer zu den Zarten gehören. Was nützt denen Gottes Gegenprogramm? 

Unter Umständen bin ich die Antwort auf diese Frage. Indem ich zunächst einmal meine eigene Schwäche akzeptiere. Und mich dann stark mache für die, die zu schwach sind für eine eigene Stimme. Und spüre, wie ich dabei vielleicht sogar über mich hinauswachsen kann. Und wie meine Stärke zu deren Stärke wird. Bis die Welt ein Garten wird aus Harten und Zarten. Ein lebendiger und blühender Garten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22923
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