SWR4 Abendgedanken

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Weniger ist manchmal mehr. Jetzt im Herbst kann man das in den Weinbergen lernen. Ich bin Winzerstochter, da fällt mir das vielleicht besonders auf, jetzt, in der Weinlese. Ich weiß nämlich, dass da, wo jetzt die leckeren Trauben hängen, vor ein paar Monaten nur ein Trieb gestanden hat. Im Frühjahr haben die Winzer die Weinstöcke zurückgeschnitten. Haben sie auf ein oder zwei Zweige reduziert, so dass der Stock seine Kraft und seinen Saft bündeln und konzentrieren konnte.

Diese Reduktion führt zu einem guten Ergebnis. Das kann man jetzt im Weinberg sehen: dass da schöne und große Trauben hängen, die gut versorgt wurden. Ich schmecke die Trauben und freue mich auf einen guten Wein.

Die Reduktion auf das Wesentliche hat dem Weinstock gut getan. Beim Gang durch den Weinberg ist mir eingefallen: Vielleicht würde mir das auch gut tun, dass ich mich nicht verzettele. Ich habe so viele Aufgaben übernommen, da kann ich gar nicht alles in der besten Qualität machen. Vielleicht wäre es gut, manchmal „Nein“ zu sagen und zu überlegen, was ich mir noch zumuten kann. Der Weinstock konnte die wenigen Triebe, die Rebenzweige gut versorgen. Sie haben vom ihm alles bekommen, um zu wachsen, zu gedeihen.

Und dann ist mir noch etwas eingefallen. Jesus hat mal gesagt: Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben. Wer mit mir verbunden bleibt so wie ich mit ihm, bringt reiche Frucht“ (Joh 15,5).

 Ich glaube, er hat das so gemeint: Ich versorge euch mit dem, was ihr zum Leben braucht.
Und darum kann ich ihn bitten. Im Gebet. Dann, spreche ich nämlich auch mal aus, was mich bewegt, dann kann ich mich daran erinnern, dass Jesus sagt: Es liegt nicht alles in deiner Hand. Gib auch mal was ab. Und nimm dir Zeit für das, was du tust. Um  diese Kraft bitte ich ihn dann.

Ja, ich finde schon: Weniger ist manchmal mehr. Ich muss nicht alles irgendwie machen, sondern lieber etwas weniger machen. Aber das dann auch gut und mit Freude. Und vor allem mit Gottes Hilfe.
Daran erinnern mich die Weinstöcke im Herbst. Die Reben, die nun voller Trauben hängen und den ganzen Sommer über vom Weinstock versorgt wurden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22850
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