SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Kinder sind ein Segen.“ Ich weiß gar nicht, wie oft ich diesen Spruch gehört habe, vor allem seit ich selbst Kinder habe. „Kinder sind ein Segen.“ Nur gibt es Momente, in denen mir das gar nicht so vorkommt. Meistens in solchen Situationen:

„Ziehst du bitte deine Jacke an, wir müssen los!“ – „Nein, ich habe keine Lust, ich möchte spielen.“
„Kommst du bitte zum Essen!“ – „Ich habe jetzt noch keinen Hunger!“
„Räumst du bitte dein Zimmer auf!“ – „Oh Manno, warum immer ich?“

Manches Mal komme ich mir vor in der Wiederholungsschleife, weil es immer gleich abläuft. Sogar der Tonfall ist ähnlich. Nur die Tageszeit ist anders. Mal geht es ums Frühstück, mal um das Mittagessen oder das Abendbrot. Mal um die Sporthose für das Fußballtraining, mal um den Schlafanzug.
Ich mag nicht. Ich will nicht. Warum immer ich? Kann das nicht jemand anderes machen.

„Kinder sind ein Segen.“ In manchen stressigen Situationen denke ich dann an diesen Spruch.
„Von wegen“, denke ich dann. „Kinder sind vor allem Stress!“

Aber andererseits muss ich mir selbst eingestehen: Auch meine Kinder haben es nicht immer einfach mit mir. Kinder sind auch manchmal genervt von ihren Eltern. Und trotzdem ist es gut, dass wir einander haben.

Inzwischen denke ich: Segen – das ist nicht gleichbedeutend mit eitel Sonnenschein und einem Blick durch die rosarote Brille. Segen – das ist doch die Kraft, die Gott mir schenkt, auch in anstrengenden Situationen nicht aufzugeben. Segen – das bedeutet, dass ich meine Kinder als meine Kinder sehe und sie so annehme wie sie sind. Liebenswerte Geschöpfe, die auch manches Mal einen Dickkopf haben und mich an meine Grenzen bringen. Ja, Gottes Segen unterstützt mich. Ich bin nicht alleine. Auch mit Knatsch, Streit und Ärger nicht. Gottes Segen ist für mich auch eine Ermutigung: Halte mal die Luft an, atme tief durch – und beginn von vorne. Zum Leben gehören eben auch so manche Auseinandersetzung und manchmal sogar heftiger Streit. So ist das eben. Klar, manchen Ärger hätte ich ohne meine Kinder nicht. Aber dann hätte ich auch nicht die Gemeinschaft mit ihnen und all das, wodurch sie mein Leben bereichern: ihre Freude, mit der ich mein Leben ganz neu betrachte.

Segen – das heißt: Gott unterstützt uns dabei, unser Leben zu leben. Und zwar miteinander, gerade auch, wenn es mal nervig wird. Und nur miteinander können wir uns gegenseitig zum Segen werden. Nicht nur Kinder und ihre Eltern. Sondern alle Menschen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22849
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