SWR2 Wort zum Tag

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Im Mittelpunkt des neuen Buches von Katja Lange-Müller steht Krankenschwester Asta. Krankenschwester Asta spuken eine Menge Fragen durch den Kopf: Ist helfen einfach nur „geil“? Oder warum hilft ein Mensch überhaupt einem anderen? Haben jene recht, die allen, die helfen, ein „Helfersyndrom“ unterstellen? Und sollte man nicht gerade christlicher Nächstenliebe misstrauen, steht dahinter doch häufig die Absicht, sich den Himmel verdienen zu wollen?

Asta ist gerade erst nach Deutschland zurückgekehrt. Zuvor hat sie lange Jahre in einem Krankenhaus in Nicaragua gearbeitet. Die meiste Zeit ihres Lebens hat sie damit verbracht, Armen und Kranken zu helfen.. Kettenrauchend steht sie nun verloren an einer abgelegenen Drehtür am Münchner Flughafen. „Drehtür“ lautet vielsagend auch der Titel des Romans von Katja Lange-Müller.

An dieser Drehtür steht Asta also. Und sie erinnert sich an Situationen im eigenen Leben, an frühere Kolleginnen, an Weggefährten. In den so zusammengesponnenen Episoden muss oder will immer jemand helfen. Dabei geht vieles gründlich daneben, bleibt vergeblich. Aber was heißt das schon: Geht es nicht einfach darum, nicht wegzuschauen und die Ärmel hochzukrempeln? Auch das denkt Asta. Ich habe die letzten Seiten dieses berührenden Buches gelesen, als vor kurzem in Rom Mutter Teresa heiliggesprochen wurde. Mutter Teresa, die fraglos so etwas ist wie die „Ikone der christlichen Nächstenliebe“. An ihrer Art zu helfen aber, haben sich auch viele gestoßen: unprofessionell, hieß es beispielsweise, oder, politisch hat sie nichts bewirkt. Und ging es ihr nicht immer mehr um das eigene Seelenheil als um die Armen? Vor Jahren wurde auch noch bekannt, wie sehr gerade sie, von Glaubenszweifeln geplagt war; gleich hieß es, sie sei hochgradig depressiv gewesen.

Ein Teil dieser Kritik an Mutter Teresa mag berechtigt sein. Zum Teil aber hat man ihr einfach den Erfolg nicht gegönnt. Anderen bleibt ihre Motivation unverständlich: helfen aus einem Glauben, der auch zweifelt. Die Fragen, die sich Krankenschwester Asta in Katja Lange-Müllers Roman stellt, hat sich vielleicht auch Mutter Teresa gestellt oder sie sind ihr zumindest gestellt worden.  So berechtigt diese sein mögen: Die beiden haben die Not gesehen, sie haben sich anrühren lassen, sie haben die Ärmel hochgekrempelt. Wieviel düsterer, ärmer und kälter wäre die Welt ohne Menschen wie Mutter Teresa oder Krankenschwester Asta.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22802
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