Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Einmal im Jahr, wenn irgend möglich, ziehe ich mich für eine paar Tage zurück. Am liebsten in ein Kloster. Eine Woche schweigen, kein Handy, kein Radio, nichts.

Mein Umfeld reagiert Jahr für Jahr belustigt. Das könne ich gar nicht, schon gar nicht als Hörfunk-Mensch. Schließlich sei doch „Reden mein Beruf“. Doch abringen lasse ich mich davon nicht. Eine Woche Schweigen, auch in diesem Jahr.

Mir tut das Schweigen gut. Ich komme zu mir, genieße die Stille eines Klosters, schwinge ein in Gebetszeiten und Gottesdienste einer klösterlichen Gemeinschaft. Ich habe Zeit, unendlich viel Zeit. Müssen muss ich gar nichts. Wenn ich spazieren gehen möchte, gehe ich spazieren. Wenn ich ein Buch lesen möchte, tue ich das. Wenn ich müde bin, dann lege ich mich ins Gras. Ich hab‘ doch Zeit!

Was in der Welt geschieht, bekomme ich nicht mit. Ich habe mich vom Trubel der Welt abgemeldet, und erstaunlicherweise geht die Welt nicht unter. Im Gegenteil, sie dreht sich einfach weiter.

Mein Schweigen setzt eigene Akzente. Was bislang eher nebenher geschieht, steht jetzt im Mittelpunkt: Ruhe, Zeit. Ich habe auch Zeit, zu beten. Es wird in diesen Tagen intensiver.  Die Ruhe und die Zeit führen mich zu einem Dauergespräch mit Gott. Beten ist Beziehungspflege mit Gott. Ich kann diese Beziehung pflegen, weil ich Zeit habe. Das gelingt mir schweigend besonders gut. Die Themenpalette ist breit, wir haben ja schließlich Zeit. Dinge klären sich, mein Blick wird wieder frei. Eine wichtige Entscheidung, die ich lange vor mir hergeschoben habe, kann endlich gefällt werden. Wurde ja auch Zeit!

Natürlich könnte ich nicht ein ganzes Leben so leben – schweigend. Aber einmal im Jahr, eine ganze Woche, brauche ich eine solche Auszeit. Dann halte ich inne, weil ich innen anhalte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22754
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