SWR3 Gedanken

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Vier Wochen lang nicht Haare waschen, Zähne putzen, nicht duschen. Im strengsten Fall das Zimmer nicht verlassen und vor allem nicht lüften. Viel und gut essen, aber nur ausgewählte Speisen.

So geht es vielen Frauen in China nachdem sie ein Kind auf die Welt gebracht haben. Sie werden von der Mutter oder Schwiegermutter rund um die Uhr versorgt. Es heißt „den Monat sitzen.“

Interessant ist, dass die meisten Frauen es selbst so wollen. Die Tradition gibt vor, dass der Körper der Frau im ersten Monat nach der Geburt besonderen Schutz braucht. Jetzt sind alle Poren geöffnet und aufnahmefähig für alles was schlecht ist. In China folgen die allermeisten Frauen dieser Tradition. Egal wie unabhängig und emanzipiert sie sind. Zu groß ist die Gefahr, dass doch irgendwas schief läuft und alle es nachher darauf zurückführen, dass sie den Monat nicht gesessen haben.

Chinesische Frauen berichten Unterschiedliches. Für die einen war es wie Urlaub. Sie haben die Zeit unter Frauen richtig genossen. Und nicht jede ist ganz streng und hält alles ein, was vorgeschrieben ist.

Für die anderen war es Quälerei. Unter strengen Augen zum Nichtstun verdammt zu sein war für sie der Horror.

Diese vier Wochen stammen aus einer Zeit, in der die Frauen vollständig dem Mann untergeordnet und in der Gesellschaft nicht viel wert waren. Da war dieser eine Monat ein Geschenk.

Mir sind diese Regeln viel zu eng. Ich finde es aber sehr gut, dass die Tage und Wochen nach einer Geburt so wichtig sind.

Mir zeigt diese chinesische Tradition, dass jedes neue Menschenleben und auch jede Frau es wert ist, sich diese besondere Zeit zu schenken.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22716
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