SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

In letzter Zeit träume ich manchmal von meinen Großeltern. Es sind meist schöne Träume, aber am nächsten Morgen sind sie dann wie hinter einem Schleier verschwunden. Ich kann sie deshalb auch nicht gut weitererzählen. Aber es bleibt ein wohliges Gefühl zurück. Erstaunlich, denn meine Großeltern sind seit mehr als 40 Jahren tot. Meine Kindheit ohne die Großeltern kann ich mir nicht vorstellen. Ihre Liebe und Zuwendung hat so gut getan. Und ich denke vieles davon hat mich in allen Lebensphasen bisher begleitet und bleibt für immer.
Das können meine Kinder bestimmt unterstreichen. Sie hatten auch das Glück von ihren Großeltern liebevoll umsorgt zu sein. Ihr Garten war für sie das Paradies. Und wenn es Kummer gab, schon auch mal mit den Eltern, die Großeltern waren verständnisvoll, konnten trösten und vermitteln.

Inzwischen bin ich selbst Großmutter. Das lag für mich bis vor ein paar Jahren in ziemlich weiter Ferne. Ich hatte mir so viel vorgenommen für die Zeit, wenn die Kinder aus dem Haus sind und wir als Paar wieder mehr Zeit füreinander haben. Doch schneller als ich gedacht habe, war es soweit. Als unser erstes Enkelkind geboren wurde, habe ich mich riesig gefreut, aber auf der anderen Seite bin ich in stillen Minuten schon auch nachdenklich geworden: Wieder hat ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Im Grunde gehöre ich jetzt zur ältesten Generation - und das Ende des Lebens rückt ein Stück näher. An den Gedanken muss ich mich noch immer gewöhnen.
Aber inzwischen sehe ich wie schön diese neue Lebensphase sein kann. Dass es überhaupt nicht selbstverständlich ist, Enkelkinder zu haben und sie so ganz in der Nähe aufwachsen zu sehen.
Die jetzige Großelterngeneration ist ja nicht mehr vergleichbar mit meinen Großeltern damals in den 50er und 60er Jahren. Großeltern sind in der Regel noch fitter und aktiver, wollen noch einiges erleben und das ist auch gut so. Trotzdem sind sie genauso wichtig für die ganze Familie wie eh und je. Sie sind wichtige Bezugspersonen für die Kinder. Gerade auch, weil die jungen Mütter und Väter heute oft hin- und hergerissen sind zwischen ihren Kindern, die sie gut versorgt wissen wollen und ihrem Job. Wenn die Großeltern dann helfen können, tut das den Kindern gut und ihren Eltern auch. Die eigenen Lebenserfahrungen im Hinterkopf und inzwischen in verschiedenen Situationen gelassener und geduldiger, können sie ein Segen für die Familie sein.

„Alles im Leben hat seine Zeit“ –so steht es sinngemäß schon in der Bibel und wie schon für viele Generationen vor uns und dann wieder für viele nach uns, kommt sie: die Zeit Großeltern zu werden – und ich finde, das ist ein ganz wichtiger Lebensabschnitt und ich bin dankbar dafür.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22691
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