SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Über eine Stunde mussten wir warten – bei der Rückreise aus dem Urlaub am Schalter der Fluggesellschaft. Dabei standen gerade einmal etwa 20 Personen vor uns in der Schlange. Aber es ging einfach nicht voran. Wir waren eingekeilt in Massen an Flugreisenden in der schwülheißen Halle des Flughafens. Ich bin eher ein ungeduldiger Mensch. Ich finde Warten schrecklich. Dieses Nichtstun. Oder besser: Zum Nichts-tun-verdammt-sein. Ich fühle mich so ausgeliefert. Gar nichts kann ich dazu beitragen, dass es endlich schneller voran geht. Manchmal denke ich: Am Ende meines Lebens werde ich wahrscheinlich Jahre meiner wertvollen Lebenszeit mit Warten verbracht haben. In Flughäfen, im Stau auf der Autobahn, in Arztpraxen und an S-Bahn-Haltestellen.

Deshalb ist es für mich eine Herausforderung, dass das Thema „Warten“ in der Bibel eine wichtige Rolle spielt. Immer wieder wird von Menschen erzählt, die warten mussten. Sie hatten zu Gott gebetet und warteten nun auf eine Antwort. Oder Gott hatte ihnen ein Versprechen gegeben und jetzt warteten sie darauf, dass er es auch erfüllt. Abraham und Sara zum Beispiel mussten bis ins hohe Alter warten, bis sie endlich ein Kind bekamen. Die Israeliten warteten über 40 Jahre, bis sie ins gelobte Land einziehen konnten. Wenn ich das lese, denke ich: Anscheinend lässt auch Gott uns Menschen manchmal warten. Vielleicht tut er das, weil die Zeit noch nicht reif ist. Oder weil wir noch nicht bereit sind für das, was Gott mit uns vorhat. Die Bibel erzählt vom Warten, aber auch davon, dass Gott schließlich handelt. Er erhört die Gebete und erfüllt seine Versprechungen. Doch manchmal dauert es eine Weile, bis es soweit ist.

Ich lerne daraus, dass es sich lohnt zu warten. Ich will deshalb viel mehr versuchen, Gott zu vertrauen, auch dann wenn er nicht sofort auf meine Gebete antwortet. Er weiß schließlich besser als ich, wann der richtige Zeitpunkt ist, und warum es jetzt noch notwendig ist, zu warten. Mit meinem eigenen Aktionismus und meiner Ungeduld bringe ich mein Leben nicht voran. Manchmal mache ich vieles damit nur schlimmer. Ich will lernen zu warten. Wenn ich wieder mal an einem Schalter anstehe, in einer Arztpraxis sitze oder im Stau stehe. Vor allem aber will ich lernen auf Gott zu warten und zu vertrauen. Es lohnt sich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22657
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