SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Kommen auch an unserem Strand Flüchtlingsboote an?“ Das haben meine Kinder im Reisebüro gefragt. Wir hatten gerade unseren Urlaub in Griechenland gebucht. Direkt am Meer. Einige Tage lang wollten wir uns so richtig erholen, Die Sonne genießen, im Meer baden, Ausflüge machen. Aber sogar die Kinder haben gewusst: Die meisten Flüchtlinge aus Syrien oder dem Iran kommen über das Mittelmeer. Von der Türkei in Booten nach Griechenland, dann weiter Richtung Deutschland. Und wir kannten die Bilder aus dem Fernsehen: Wie die Menschen müde und verängstigt nach tagelanger Überfahrt endlich den Strand erreichen. Und dann die vielen, die ihn nicht erreichen. Ertrunken im Mittelmeer. Wenn wir das plötzlich nicht im Fernsehen sehen würden, sondern hautnah miterleben – was dann? Die Dame im Reisebüro hat uns beruhigt: Nein, die Flüchtlingsboote erreichen Griechenland an einer anderen Stelle. Wir bräuchten uns um unseren Urlaub keine Sorgen machen.

Trotzdem hat mich der Gedanke nicht losgelassen. Als wir am Strand lagen hab ich auf‘s Meer geschaut. Und gedacht: Wie ungerecht! Uns geht es so gut. Wir genießen den Urlaub und dort draußen kämpfen Menschen um ihr Leben und ihre Zukunft. Wie ungerecht. Nur weil wir in einem anderen Land geboren sind als sie.

Und zugleich habe ich mich so ohnmächtig gefühlt: Was kann ich schon tun? Ja, wir haben in unserem Wohnort Kontakt zu einer Flüchtlingsfamilie, begleiten sie ein wenig und helfen ihnen hier und da. Aber was ist das schon angesichts des hunderttausendfachen Elends?

Ich habe gemerkt, dass ich keine Antworten habe. Warum ergeht es manchen Menschen so schlimm und anderen so gut? Warum lässt Gott das zu? Ach ja: Gott. Wo ist er überhaupt in all dem Flüchtlingsleid? Und wo Menschen Angst haben vor Überfremdung und Gewalt, wo ist da Gott? Dort am Strand in Griechenland habe ich gedacht: Wahrscheinlich ist Gott genau da, wo Menschen leiden. Wo sie um ihr Leben kämpfen in den kleinen Booten auf dem Mittelmeer. Wahrscheinlich ist Gott genau da, wo Menschen Angst haben und darum ihre Türen und Herzen verschließen vor den Fremden, die kommen. Dort ist Gott, leidet mit, und macht Menschen Mut, etwas zu wagen. Deshalb will ich ihn bitten, dass er die, die auf der Flucht sind, behütet. Und ich will Gott bitten, dass er denen, die in Frieden leben, ein offenes Herz gibt für die Menschen, die bei uns Schutz suchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22656
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