SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ungeduldig stehe ich mit meinem Rad in zwischen all den Autos vor der Ampel. Für ein paar Meter weiche ich auf den breiten Fußgänger- und Radweg aus. Beim Einfädeln zurück auf die Straße mache ich einen Fehler: ich schaue mich nicht zu dem nachfolgenden Auto um. Und schon kracht es. Der Fahrer hat mich auch nicht gesehen, und ich bin mit dem Pedal gut hörbar an dessen Kotflügel entlang geschrappt.

Wir halten an. In meinem Kopf jagen sich die Gedanken: hab ich meine Versicherungskarte eingesteckt? Hilft das überhaupt? Schließlich bin eindeutig ich schuld. Wird bestimmt teuer. Was mach ich, wenn der Autofahrer mich niederbrüllt? Soll ich gleich schon mal die Polizei anrufen?

Dann geht die Autotür auf und eine Frau steigt aus. Ich mach mich auf eine Schimpftirade gefasst. Sie kommt auf die andere Seite herüber, schaut nicht mal aus den Augenwinkeln auf ihren Kotflügel, sondern fragt besorgt: „Wie geht es Ihnen? Ist Ihnen was passiert? Haben Sie sich verletzt?“

Ich bin so perplex, dass ich erst mal nur den Kopf schüttle. Dann erkläre ich ihr, dass ich selbstverständlich für den Schaden aufkomme und dass ich unverletzt bin, weil nur das Pedal Autokontakt hatte.

Sie atmet erleichtert auf. Dann schaut sie auf den gut sichtbaren Striemen am Auto. „Ach“, sagt sie, „ das ist nicht schlimm. Kann man bestimmt wegpolieren.“ Sofort fängt sie an mit ihrem Jackenärmel daran zu rubbeln. Der Striemen wird etwas blasser. „Sehen Sie, geht weg. Dann ist ja alles gut“, strahlt sie mich an und hat schon den Zündschlüssel wieder in der Hand.

Ich drücke ihr noch meine Karte in die Hand. Aber sie sagt nur „Hauptsache, Sie sind unverletzt. Alles Gute Ihnen.“ Sie lächelt, steigt ein und fährt winkend los.

Ich schau ihr nach, immer noch ein wenig verwirrt. So fühlt sich das also an, wenn aus Schuld Segen wird.

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