SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Eine Mauer aus uralten Bruchsteinen umgibt das Gelände unseres Pfarrhauses. Und in diesen Tagen wird sie saniert. Bis sie wieder verputzt werden, ist jetzt jeder einzelne Stein sichtbar. Kleine und große, dicke und schmale, rote und graue. Bei einigen kann man erkennen, dass sie früher mal zu einem Torbogen gehört haben oder zu einer Fensterumrandung. Alle fügen sich zu einer einheitlichen, geraden Mauer. Weil jeder einzelne Stein genau da hinpasst, wo ihn geschickte Maurerhände vor Jahrzehnten eingefügt haben.

In der Bibel werden Steine manchmal mit Menschen verglichen. Der Apostel Paulus beschreibt die Gemeinschaft der Christen wie ein Gebäude aus Steinen. Alles fügt sich zusammen. Und jeder und jede gehört dazu. Fortschrittliche und solche, die lieber das Bewährte bewahren wollen. Leute, die Orgelmusik schön finden und solche, die lieber Kleinkindergottesdienst haben.

Für Paulus in biblischer Zeit war das genauso: Leute, die sich an bestimmte Sachen gewöhnt hatten und solche, denen etwas anderes wichtig war. Gemeinsam bilden sie die Kirche, hat er gesagt, und sie müssen diese Gemeinschaft und ein friedliches Miteinander erst lernen. Ich glaube, das gilt längst nicht nur für die Kirche. Das gilt auch für den Sportverein, für die Feuerwehr und im Chor erst recht.

Das Zusammenpassen ist nicht immer leicht. Wie komme ich mit einem zurecht, der ganz anders ist als ich? Vielleicht, wenn wir gemeinsame Ziele haben. Und wenn wir einander zugestehen können, dass jeder und jede es auf seine Weise recht macht. In der Kirche zum Beispiel: Eine Gemeinde braucht nicht nur einen Vorsitzenden im Kirchenvorstand sondern auch Kindergottesdiensthelfer und Gemeindebriefausträger. Jemand muss die Toiletten putzen und jemand muss das Geld verwalten. Vielleicht kennen sie dasselbe aus Ihrem Verein oder aus der Bürgerinitiative. Ganz viele verschiedene Leute werden gebraucht. Wie bei einer Mauer, wo manchmal ein großer Brocken nötig ist und manchmal nur ein kleines Steinchen gerade noch so in die Lücke passt. Nur so hält am Ende alle zusammen.

Gut, wenn niemand fehlt im Gesamtgefüge. So, wie in der Mauer um unser Pfarrhaus. Die hält sicher noch viele Jahre.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22587
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