SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Der kriegt alles. Und wo bleibe ich?“ Ein älterer Bruder ist stinksauer, weil es ein Fest gibt für den jüngeren Bruder. Ein Fest für den, der wieder heimgefunden hat. „Für mich hast du nie ein Fest ausgerichtet!“ mault er beim Vater.

Und ich kann ihn gut verstehen. Er hat sich brav an die Regeln gehalten. Er ist daheimgeblieben und hat zugesehen, wie sein Bruder mit der Hälfte des Erbes davongezogen ist. Vielleicht hätte er ja auch lieber mal was riskiert; sich die Welt angesehen oder einen anderen Beruf ausprobiert. Stattdessen bleibt er zuhause und tut, was man von ihm erwartet.

Aber gefeiert wird der andere. Der verloren geglaubte Sohn, der grad noch mal die Kurve gekriegt hat. Als er nach Hause zurückfindet, ist der Vater ganz aus dem Häuschen vor Freude. Und will, dass alle sich mitfreuen.

Wie unfair sich das anfühlen muss für den Braven! Ich kann ihn verstehen, dass er jetzt enttäuscht ist; und er tut mir leid. Denn sein Neid überschattet jetzt das, was vorher gut war.

Dass er in Sicherheit gelebt hat - Plötzlich kann er sich nicht mehr darüber freuen.
Dass er ein Zuhause hatte und immer wusste, wo er hingehört. Mit einem Mal ist das nichts mehr, was ihn glücklich macht.

Neid - das kenne ich von mir. Wenn ich total erschöpft bin und wieder einmal vor lauter Arbeit kaum Land sehe, dann bin ich neidisch auf Menschen, denen es besser geht. Die rechtzeitig vorher nein sagen und besser für sich sorgen, bevor ihnen alles zu viel wird. Und wenn ich das nicht hinkriege, dann kann ich mich manchmal nicht an meinem abwechslungsreichen Beruf freuen sondern sehe nur die vielen Aufgaben, die noch zu erledigen sind. Die fallen mir in meiner Neid-Ecke dann noch schwerer.

Die Geschichte von dem neidischen Bruder steht übrigens in der Bibel. Jesus hat sie erzählt. Er zeigt mir mit seiner Geschichte, dass ich mit meinem Neid eine ganze Menge verpasse.

Es gibt so viel Gutes in meinem Leben. Und ich nehme mir vor: Die Freude darüber will ich mir vom Neid nicht kaputt machen lassen. Auch nicht die Freude über das, was andere gut hinkriegen.
Die Freude über das, was in meinem Leben gut ist und was andere gut hinkriegen, will ich mir vom Neid nicht kaputtmachen lassen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22584
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