SWR2 Wort zum Tag

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Ein altes Schwarzweißfoto, eine Tauffamilie, die Herren in einer Anzugmode, die heute wieder aktuell wirkt, die Damen - zeitbedingt - wie Kopien von Jackie Kennedy gekleidet. Das Taufkind reckt die Babyfaust aus dem Kissen. Wahrscheinlich muss man auch die kleine Faust so recken, wenn einem gerade Römer 6 als Taufspruch auf den Lebensweg mitgegeben wurde: „Wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft?“

Jahre später, als ich mühsam versucht habe, meinen eigenen Taufspruch zu verstehen - denn ich war das Baby mit der hochgereckten Faust - habe ich  mich gefragt, warum ich ausgerechnet dieses sperrige Wort des Apostels Paulus zugeteilt bekommen habe. Heute habe ich mich aber mit meinem Taufspruch angefreundet. Denn mehr als ein halbes Jahrhundert nach meiner Taufe ist mir klar, dass dieses Pauluswort eine grandiose Verheißung für ein Leben ist. In atemberaubend kühnen Sätzen schreibt der Apostel Paulus die Christen seiner und unserer Zeit hinein in die Geschichte des Sterbens und der Auferstehung Jesu Christi. Das ist waghalsig! Mit Christus in den Tod getauft sein und mit ihm auferstehen! Davon kann einem regelrecht schwindelig werden.

Auf jeden Fall aber ist mein Taufspruch wie ein positives Vorzeichen vor einem Leben, das, wie jedes Menschenleben, von Anfang an dem Tod geweiht scheint.

Kurze Zeit nach meiner Taufe war nämlich nicht klar, ob die Welt im dritten Weltkrieg untergehen würde. Heute explodieren Bomben überall in der Welt, ist der Terror zu einem fast selbstverständlichen Begleiter geworden. Erfahrungen von Bedrohung, von Trauer, von lähmender Melancholie kennt jeder Mensch. Menschenleben ist immer vom Tod bedroht, und das scheint ja - erst einmal, der Botschaft des Taufspruchs Hohn zu sprechen. Auf den ersten Blick erschiene es angemessener, den Tod zu fürchten.

Paulus aber reckt die Faust, gegen den Tod, für das Leben und macht mir Mut! Da hat jemand stellvertretend gelebt, ist gestorben und auferstanden, damit Menschen anders leben können, mit einem dicken Pluszeichen vor ihrem Leben. Schon jetzt. Trotz allem. Reck die Faust! Trotzig! In dieser neuen alten Welt kann nichts, keine Lebenskatastrophe, nicht einmal dein eigenes, verzagtes kleines Herz dich von der Liebe Gottes scheiden. Dein flüchtiges, irdisches Leben ist schon jetzt und heute überglänzt vom ewigen. Es lohnt sich, die Faust zu recken. Steh auf, auch wenn dir noch vor Angst die Beine schlottern. Steh auf, gegen die Gewalt des Todes! Du bist dem Leben versprochen!

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