Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Was ist die kürzeste Entfernung zwischen zwei Fettnäpfchen?

Früher hieß es: ein Kohl. Dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl wurde unterstellt, dass er oft ins Fettnäpfchen trat. Die kürzeste Entfernung zwischen zwei Fettnäpfchen könnte auch „ein Mechthild“ heißen. Ich schaffe es auch, in Fettnäpfchen zu treten.

Wir haben neue Nachbarn bekommen. Eigentlich bin ich nett, ich gehe dann rüber, stelle mich vor, bring was aus dem Garten mit, Flieder oder Tomaten, was halt da ist, und wünsche eine gute Nachbarschaft. Als ich bei den Neuen klingelte, begrüßte ich sie so, wie sie da in der Tür standen: Vater, Mutter, eine erwachsene Tochter und ein Kind.

Ich streckte Walid die Hand hin, merkte aber, wie er kurz zögerte, bevor er einschlug.

Man konnte spüren, dass es nicht angenehm für ihn war. In Syrien, wo die Familie herkommt, geben sich Frauen und Männer nicht die Hand. Männer umarmen sich, Frauen untereinander auch, aber Frauen, die nicht zur Familie gehören, begrüßt Walid, indem er die Hand aufs Herz legt und sich verneigt. Das sieht sehr respektvoll aus, fast ehrerbietig, wenn ich mal ein altes Wort benutzen darf. Deshalb habe ich mich schnell an diese Art der Begrüßung gewöhnt und finde sie schön. Warum nicht auch Vielfalt bei der Begrüßung? Händeschütteln, französisch zwei Küsschen rechts und links, polnisch eher drei Küsschen, lässig ein kurzes Hi ohne Berührung: die Art, sich zu begrüßen, kann doch wirklich unterschiedlich sein und dieses respektvolle Verneigen ist eine neue Variante.

Manche sagen: der muss sich doch anpassen an die deutschen Sitten, er muss den Frauen eben die Hand geben, wie es hier üblich ist. Ja, verstehe ich, da ist auch was dran.

Manchmal hält er mir die Hand hin und zeigt, dass er auch unsere Gebräuche lernt und kennt. Und ich lege dann die Hand aufs Herz und verneige mich leicht. Und dann lachen wir herzlich.

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