Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es ist eines der bekanntesten Märchen: Hans hatte gute Arbeit geleistet. Sein Chef dankt es ihm und er belohnt ihn mit einem großen Goldbarren. Hans ist ‚wie im siebten Himmel‘ und freut sich sehr über diesen Reichtum. Bald jedoch, als er unterwegs ist, spürt er, dass mit diesem großen Goldstück auch Last und Gewicht verbunden sind. Er tauscht dies ein gegen ein Pferd. Immer und immer wieder tauscht er weiter. Naiv und gutgläubig, wie Hans nun mal ist, wechseln Gegenstände und Tiere ihren Besitzer. Ständig sieht Hans in etwas anderem das Bessere. Schließlich besitzt er zwei Schleifsteine. Müde von seinem langen Unterwegssein kommt er zu einem Brunnen. Da passiert, was ‚passieren musste‘: Während er aus dem Brunnen trinkt, stößt er aus Versehen die Steine in die Tiefe des Brunnens. Kurzum: Von dem ursprünglich gewichtigen Goldbarren ist nichts übrig geblieben – äußerlich! Doch was geschieht in Wirklichkeit? Statt traurig zu sein über den Verlust ist Hans froh und befreit.  Er kniet nieder und dankt Gott.

Dieses Märchen von ‚Hans im Glück‘ ist durch viele Generationen weiter erzählt worden. Meistens ist eine Warnung damit verbunden:

„Du, lieber Zuhörer, liebe Zuhörerin, pass gut auf; tausche nichts unter seinem Wert, sei nicht so blöd und lass Dich nicht ‚übers Ohr hauen‘!“

Aber ich bin sicher, dass wir den ‚Hans im Glück‘ nur so heftig missverstehen. Glücklich wird Hans in dem Augenblick, als er nichts mehr hat und gleichzeitig spürt, dass er aus der Tiefe des Brunnens schöpfen kann.

Bei mir kann es ein Buch sein, in das ich mich vertiefe oder Musik, die mich trägt und in neue Dimensionen führt. Manchmal braucht es nur ein paar wenige Schritte in die Natur und ich kann deren Stimmen und Farben aufsaugen. Heute ist es vielleicht ein kurzes Verweilen in der Stille einer Kirche, morgen ein gutes Essen im Kreis der Familie oder ein persönliches Gespräch mit guten Freunden.

Das sind für mich Kraftquellen.

Diese lassen mich spüren, woraus ich schöpfen kann und was wirklich wichtig ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22532
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