SWR2 Wort zum Tag

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„Mä Phobeiste“, so heißt es im griechischen Originaltext des Evangeliums: „Fürchtet Euch nicht!“. Diese Aufforderung kommt insgesamt über zwanzigmal im Neuen Testament vor. Bei einigen Gelegenheiten sind es Engel, die so zu erschreckten und furchtsamen Menschen sprechen. Meistens kommen diese Worte jedoch von Jesus.

Ich denke an diese Aufforderung in diesen Monaten und Wochen, vor allem in diesem Tagen im Sommer 2016. Die Anschläge, Amokläufe, Gewaltorgien in fast täglicher Taktung, sie setzen mir zu und es droht mir die Schockstarre. Nirgends mehr hingehen, wo viele Menschen sind ist ein Impuls und mich zu verschanzen in meiner kleinen Welt ist der andere.

Sie wissen schon, was jetzt kommt: Dann hätten die Terroristen ja gewonnen.

Stimmt aber auch! Dann hätten die gewonnen. Und das kann nicht sein!

Das Ziel Terroristen ist es, das steckt schon im Namen, Terror zu verbreiten. Und das Lateinische Wort terror heißt übersetzt einfach: Angst. Dass Angst kein guter Ratgeber ist, ist bekannt. Dass die Angst ein mächtiges Gefühl ist, ist ebenso bekannt.

Ich möchte dem zwei Dinge entgegenhalten: Zum einen den eher rationalen Zugang politischer Logik: Die islamistischen Terroristen (ebenso übrigens wie rechtsradikale Terroristen) wollen unseren freiheitlichen Gesellschaften radikal das Gefühl von Unsicherheit und Angst aufdrücken. So lange, bis wir den starken Mann rufen (in Frankreich wäre das im Moment dann wohl eher die starke Frau), der dann den Konflikte auf die Spitze treibt, bis das Chaos perfekt ist und kein Stein mehr auf dem anderen bleibt.

Es wäre sehr unklug, in diese Falle zu tappen. So weit die rationalen Argumente.

Ich möchte aber auch die Gefühle nicht außen vorlassen: Ich habe keine Lust darauf, diesen Radikalen das Feld zu überlassen. Ich möchte mir die Freude am Leben nicht nehmen lassen, nicht einmal die Freude an diesem Sommer. Nein!

Ich bin Christ und ich lasse mir die Solidarität mit meinen Mitmenschen, mit Menschen anderer Kulturkreise nicht nehmen. Geschwisterlichkeit ist nicht nur sinnvoller und klüger, nein, sie macht auch mehr Freude!

Ihr wollt, dass ich permanent über meine Schulter blicke. Ihr wollt meine Angst und meine Panik. Ihr kriegt sie nicht! Ich weigere mich!

Und wenn es in diesen Tagen noch so schwer fällt: Ich halte es mit Jesus von Nazareth der gesagt hat: „Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; segnet, die euch verfluchen!“

Um meinet Willen, um meiner Kinder Willen und dem unserer freiheitlichen Gesellschaft nehme ich noch einmal seine Worte zu Herzen: „Mä Phobeiste“, „Fürchtet Euch nicht!“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22480
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