SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Nach den Terroranschlägen von Paris schien es, als könnten wir eine Weile durchatmen. Und jetzt dieser Sommer von 2016: Nizza, Würzburg, München, Reutlingen, Ansbach, Rouen. Immer schneller scheint sich jetzt die Spirale der Gewalt und des Terrors zu drehen. Und was immer mehr um sich greift, ist ein Gefühl von Unsicherheit und Angst.

Ganz entscheidend ist jetzt, welche Reaktion unsere freiheitlichen Gesellschaften zeigen, wie wir in Europa, den USA und anderen freiheitlichen Ländern an den Wahlurnen entscheiden: Entweder mit Entschlossenheit und Treue zu unseren Werten oder mit Panik und Hass. Dabei geht es nicht mehr um seichte Durchhalteparolen. Es steht viel zu viel auf dem Spiel, nämlich die Grundfesten unserer freiheitlichen Ordnung und unseres Umgangs miteinander. Jetzt sind wir im christlichen „Abendland“ wirklich gefordert, zu dem zu stehen, was unsere Religion uns aufträgt: Nächstenliebe und Feindesliebe. Und das führt dazu, dass wir sagen müssen: Keinen Fußbreit den Radikalen! Weder den Terroristen noch den Populisten, die uns vorgaukeln, die Lösung in der Tasche zu haben. Unsere Welt ist unsicherer geworden, ja. Und leider ist wohl richtig, was der französische Premierminister Manuel Valls, nach dem islamistischen Anschlag von Nizza erklärte: „Wir dürfen uns an diese Bedrohung nicht gewöhnen, aber wir müssen lernen, mit ihr zu leben.“

Es wird schwierig sein, nicht in Panik zu verfallen und Zuflucht in den einfachen Antworten zu suchen. Ich sehe die Angst in den Gesichtern, höre sie in den Diskussionen und Meinungsäußerungen. Aber wenn wir uns auf das Erbe des Christentums in Europa beziehen, auf die Kultur, die unseren Kontinent geprägt hat, dann heißt das auch: Erinnerung an die Botschaft des Evangeliums von Liebe und Solidarität.

Ich möchte den Blick auf die Kontinente des Südens richten, denn dort ist die Unsicherheit, die uns jetzt im reichen Norden des Globus befällt, oft tägliche Realität. Aber immer wieder gibt es Szenen, die Hoffnung machen und zukunftsweisend sind, wie diese aus dem ostafrikanischen Kenia: Im Dezember letzten Jahres drang eine Gruppe islamistischer Terroristen in einen Reisebus ein und wollte alle Christen töten, die sich darin befanden, die Muslime aber verschonen. Die Passagiere wurden aufgefordert, sich nach Religionszugehörigkeit aufzuteilen. Die Muslime aber weigerten sich, die Christen auszuliefern. Sie forderten die Terroristen auf, entweder alle zu töten oder zu verschwinden. Die Terroristen zogen sich daraufhin zurück.

Nur ein Beispiel zur Beruhigung? Nein, denn Solidarität ist und bleibt der einzige Weg aus dieser Krise. Sie ist das beste Rezept gegen Panik, Radikalisierung und Hass.

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22479
weiterlesen...