SWR3 Gedanken

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„Bevor ich sterbe möchte ich – Punkt, Punkt, Punkt. Das steht in der Innenstadt in Baden-Baden  auf drei großen Tafeln. Ich wär beinahe drübergestolpert. Unter der Überschrift „Bevor ich sterbe“ sind ganz viele Linien und ein Kästchen mit bunter Kreide. Hier sollen Passanten den Satz vervollständigen.

Dieses Kunstprojekt stammt von der US Amerikanerin Candy Chang. In vielen Städten auf der ganzen Welt hat sie diese Tafeln schon aufgestellt und die Menschen dazu angeregt nachzudenken.

Wie kommt eine Künstlerin auf so eine Idee? Candy Chang hatte das Thema Tod nie so richtig auf dem Schirm - bis ganz plötzlich ein guter Freund von ihr gestorben ist. Das hat sie umgehauen. Und dann hat sie damit angefangen, diesen Tod auf ihre ganz spezielle Weise zu verdauen. Mit Kunst. Genauer: mit öffentlicher Kunst zum Mitmachen.

Die erste Tafel hat Candy Chang in New Orleans aufgestellt und mit Schablone den Satzanfang „Before I die …“ draufgesprüht. Dann hat sie gewartet, was passieren würde. Die Idee ist aufgegangen: Nachbarn und Passanten haben die Aufforderung verstanden und munter drauf los geschrieben. Und als es sich herumgesprochen hatte, sind Menschen von überall her gekommen, um mit bunter Kreide auf diese Tafeln zu schreiben, was sie sich wünschen, wovon sie träumen oder was sie sich noch erhoffen.

Auch auf den Tafeln in Baden-Baden hat es funktioniert. Da steht zum Beispiel:

Bevor ich sterbe möchte ich…

… fett anpflanzen

… meine eigene Geige gebaut haben

… mit Lisa die Welt erkunden

… beim Isle of Man Rennen mitmachen

… verstehen, warum ich hier bin

Das finde ich bemerkenswert: Candy Chang wollte eigentlich nur den Tod ihres Freundes verstehen und verkraften. Dabei hat sie massenhaft Menschen dazu angeregt, über den Tod und letztlich auch über das Leben nachzudenken. Vor so einer Tafel fragst du dich automatisch: Was ist mir im Leben besonders wichtig?

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