SWR2 Wort zum Tag

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Heute ist der französische Nationalfeiertag. Überall in Frankreich sieht man heute die Trikolore. Ihre Farben standen ursprünglich für den König und die Stadt Paris: Weiß für den König, blau und rot für Paris. Die Revolutionäre haben sie umgedeutet als Symbol für ihre neuen Ideale: Blau für die Gleichheit, weiß für die Freiheit und rot für die Brüderlichkeit.

Für mich ist die Freiheit dabei das wichtigste. Nur freie Menschen können sich gleichwertig mit den anderen fühlen, sich gleichberechtigt behandeln und als Brüder und Schwestern sehen. 

Aus heutiger Sicht finde ich es paradox, dass man diese Werte nicht nur gegen staatliche Obrigkeiten durchsetzen musste, sondern auch gegen die Kirche. Denn die ist mit diesen Werten ja nicht so zimperlich umgegangen. Andersdenkende haben für ihre Meinung oft mit dem Leben bezahlt. Heute ist es beinahe selbstverständlich, dass diese Werte auch christlich sind und aus dem christlichen Denken kommen. Und gleichzeitig hapert‘s nicht nur in der Kirche immer wieder mit der Umsetzung, wenn z.B. die soziale Herkunft bestimmt, welche Bildung ein Kind bekommt.

Dabei hat Paulus seinen Gemeinden schon vor zweitausend Jahren ins Stammbuch geschrieben, dass es keinen Unterschied unter den Menschen geben darf. Wenn es nach ihm geht, spielt es keine Rolle, ob einer Jude oder Grieche ist, Sklave oder freier Mensch, reich oder arm. Für Paulus ist klar: Christus hat uns zur Freiheit befreit. Und dabei geht es nicht nur darum, dass ich tun und lassen kann, was ich will. Oder dass ich meine Meinung, meine Religion oder meinen Beruf frei wähle. Ich weiß, dass ich gar nicht so frei bin, wie ich denke. Meine Gene, meine Erziehung und meine Freunde beeinflussen mein Denken und Handeln. 

Wenn ich glaube, dass Christus mich frei macht, ist das anders: Er hat die Menschen bedingungslos geliebt, auch die am Rand der Gesellschaft. Und er hat sich davon auch nicht abhalten lassen, als man ihn deshalb abgelehnt und getötet hat. Damit hat er die Grenze zwischen Gott und Mensch und unter uns Menschen beseitigt. Nichts kann diese Grenze wieder aufrichten. Nicht einmal die Fehler, die ich gemacht habe. Bei Gott bin ich zu nichts verpflichtet und auf nichts festgelegt, nicht durch meine Gene oder meinen Charakter. Er nimmt mich an, wie ich bin. Ich bin sogar darin noch frei, dass ich entscheiden kann, ob ich meinen Teil beitrage zu einer Gesellschaft, in der die Menschen frei, gleich und geschwisterlich miteinander umgehen.

Schon bei Paulus geht das über nationale Grenzen hinweg. Viele solche Werte, die Nationen auf ihre Fahnen schreiben, gelten für alle Menschen

 
https://www.kirche-im-swr.de/?m=22404
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