SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Manchmal muss ich mich einfach aufregen. Dann sitze ich da und schimpfe wie ein Rohrspatz über andere. Ich rege mich auf, wie so manche Menschen, die ich wirklich mag, zum Beispiel auf facebook über andere herziehen. Meistens geht es um Flüchtlinge: „Die wollen sich doch nur bereichern. Denen geht es gar nicht schlecht.“. heißt es dann. Menschen bilden sich Urteile stellen andere an den Pranger. Dabei wissen sie nur so ungefähr, was eigentlich los ist. Da läuft mir die Galle über.

Und dann zetere ich und zeige mit dem Finger auf die besagten Menschen: Wie kann man so etwas nur machen? Was bilden die sich ein, so zu urteilen? Menschen aufgrund ihrer Herkunft in eine bestimmte Schublade zu stecken, das gehört sich nicht.

Wenn ich dann so richtig sauer bin, merke ich oft gar nicht, dass ich das gleiche mache, wie die Menschen, über die ich schimpfe. Ich urteile, verurteile, ohne den genauen Hintergrund zu kennen. Und während ich mit dem einen Finger, dem Zeigefinger auf die anderen zeige, weisen drei Finger auf mich zurück.

Na toll! Und dann rege ich mich noch mehr auf. Nämlich nun über mich und über mein Verhalten.

Lasst uns aufhören, uns gegenseitig zu verurteilen! Achtet vielmehr darauf, den Bruder oder die Schwester nicht zu Fall zu bringen. Gebt ihnen auch keinen Grund, Anstoß zu nehmen. (Röm 14,13) Das hat vor langer Zeit der Apostel Paulus den ersten Christen in Rom geschrieben.

Und ich glaube, ich weiß was er meint: Nicht den Dreck vor der Haustür meines Nachbarn sehen und meinen eigenen unter den Teppich kehren. Nein, sondern erst einmal zu meinen Fehlern stehen, daraus lernen und so leben, dass andere sich nicht über mich aufregen müssen. Das wäre etwas. Ich glaube: Das würde dazu führen, dass so manches Urteil über andere nicht gefällt wird. Und dass mein Zeigefinger nicht mehr so oft zum Einsatz kommt um auf andere zu zeigen.

Einfach mal nicht verurteilen, sondern auf andere zugehen, nachfragen, warum einer bestimmte Urteile fällt. Um Verständnis bitten. Verzeihen und selber um Verzeihung bitten.

Ich glaube, da könnte ich mir so manche Aufregung ersparen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22381
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