SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Der Raum ist groß. Schon von weitem hört sie Stimmen. So viele Leute. Sie spürt die Blicke, die sie mustern. Ihr Kleid fühlt sich zerknittert, ihre Haare ungekämmt an. Ich gehöre nicht hierher, denkt sie. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Aber dann sieht sie ihn. Ich kann nicht, denkt sie. Ihre Hände zittern, klammern sich an das Fläschchen mit dem Öl. Nie zuvor hatte sie für so etwas so viel Geld ausgegeben. Es ist das Wertvollste, was sie besitzt. Also geh, denkt sie-  Los! Sie fasst sich ein Herz und geht los. Um sie herum tuscheln alle. Plötzlich schaut er sie an. Ihre Blicke treffen sich. Er kennt mich, denkt sie. Er weiß, wer ich bin. Sie spürt ihre Tränen. Sie laufen ihr übers Gesicht, auf seine Füße, seine Hände. Ihre Finger streichen das Öl auf seine Haut. Und noch nie  zuvor hatte sie so sehr das Gefühl: Ich tue genau das Richtige!

Sie, das ist Maria Magdalena. Und er, das ist Jesus. Maria Magdalena folgt Jesus schon lange. Und jetzt ist der Moment gekommen, ihm und allen anderen zu zeigen, was er ihr bedeutet. Jesus ist ihr so wichtig, dass sie über ihren Schatten springt und sogar all ihr Erspartes für ihn ausgibt. Für Maria Magdalena war das ein Riesenschritt. Denn sie war gesellschaftlich verachtet und hatte überhaupt kein Geld. Aber sie hat es getan und es hat sich gelohnt. Jesus hat sich nämlich vom Geschwätz der Leute distanziert und Maria Magdalena ins Herz geschlossen.

Für mich hat die Geschichte eine unglaublich schöne Botschaft: Wenn mir jemand wirklich wichtig ist, dann lohnt es sich, allen Mut zusammen zu nehmen und das demjenigen zu zeigen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22361
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