Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Eine Taufe ist ein fröhliches Fest. Normalerweise. Da wird ja ein neues Gemeindemitglied in die Kirche aufgenommen - auch wenn es meist noch ziemlich klein ist, oft noch ein Säugling. Die Gemeinde bringt den Täufling vor Gott und tauft ihn in seinem Namen. Und dann wird er gesegnet. Und das ist in der Regel natürlich eine feierliche und fröhliche Angelegenheit, die für Gewöhnlich auch hinterher in der Familie noch gebührend begangen wird.

Aber wie ist das, wenn eine Taufe von tragischen Ereignissen überschattet ist? Ich habe schon erlebt, dass gerade jemand aus der Familie gestorben ist; in den dramatischsten Fällen war es ein Elternteil des Täuflings. Wenn dann vorne am Taufbecken einer der beiden wichtigsten Menschen im Leben eines Kindes fehlt, dann überlagert der Schmerz so ziemlich die Freude über die Geburt und die Taufe dieses Kindes.

Solche Taufen habe ich aber nicht nur als schwer erlebt, sondern auch als besonders intensiv und eindrücklich. Alle waren mit großem Ernst dabei. Denn sie haben eben erst erfahren müssen, wie zerbrechlich das Leben ist. Und wie nötig so ein kleines Kind den Segen Gottes braucht. 

Warum taufen wir Kinder? Die Taufe erinnert uns zuerst daran: das Leben – unser eigenes und das der Kinder - ist uns geschenkt worden - und zwar als Leihgabe, auf Zeit.

Und gleichzeitig verheißt uns die Taufe: ganz gleich wie zerbrechlich und endlich unser Leben ist - Gott wird es nicht loslassen; wird uns nicht verlassen,  was auch geschieht Meine Erfahrung ist: gerade Menschen, die Leben und Tod, Dankbarkeit und Trauer, so dicht beieinander erfahren, haben oft eine tiefe, stille Ahnung davon…

Vor ein paar Jahren habe ich zwei Geschwisterkinder getauft, deren Mutter die zweite Geburt nicht überlebt hat. Bei dieser Taufe waren es auch die Kinder, die die Erwachsenen immer wieder in die Gegenwart zurückgeholt haben:

Nach der Taufe habe ich die beiden Täuflinge auf den Arm genommen, für die Erinnerungsfotos. Als ich den größeren, den Vierjährigen auf dem Arm halte, stehe ich direkt neben dem Taufbecken. Ich bemerke gar nicht, wie er seine Hand ins Wasser taucht. Plötzlich läuft mir Wasser über den Kopf. Ich schaue mich etwas verwirrt um, da lacht er mich an und sagt:
„Ich hab dich auch getauft.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22346
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