SWR2 Wort zum Tag

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Vor kurzem war ich zum abendlichen Fastenbrechen in einer islamischen Gemeinde eingeladen. Ich habe eine solche Feier zum ersten Mal erlebt und war sehr beeindruckt von der stilvollen Gastfreundschaft, der ich dort begegnet bin. Vor allem habe ich mich darüber gefreut, dass neben den vielen Mitgliedern der Gemeinde selbst auch jüdische Gläubige und zahlreiche evangelische und katholische Christen die Einladung zu dem festlichen Ereignis angenommen haben. Auch Mitglieder der benachbarten chaldäischen Gemeinde waren gekommen. Christen dieser fast 2000 Jahre alten Kirche haben in ihrer irakischen Heimat oft Schreckliches erlebt. Vieles davon haben ihnen Menschen mit dem Namen Allahs auf den Lippen angetan. 

Diese gemeinsame Feier ist ein schönes, ein versöhnliches Zeichen. Gerade jetzt, da immer stärker öffentlich gegen Muslime in unserem Land polemisiert wird. Sie werden oft mehr oder weniger deutlich für die Unterdrückung in arabischen Diktaturen und für den Terror islamistischer Fanatiker mit verantwortlich gemacht. Dabei verabscheuen sie das.   

Unsere muslimischen Gastgeber sind darüber tief besorgt. Das ist aus den Gesprächen an diesem Abend deutlich heraus zu hören. Sie leben zum Teil schon seit Jahrzehnten hier und wollen zu einem gelingenden Zusammenleben in dieser Gesellschaft beitragen. Sie suchen den Dialog, Aber sie erwarten auch, dass sie in ihrem Glauben respektiert werden. 

Ich verstehe ihre Sorge und teile sie. Das Grundrecht auf freie Ausübung der Religion ist eine tragende Säule demokratischer Gesellschaften. Und genau das wird für Muslime dieser Tage öffentlich in Frage gestellt. Leider immer wieder auch von Menschen, die sich dabei angeblich auf die christliche Tradition berufen. 

Die Grenze verläuft aber nicht zwischen den Religionen. Sie verläuft dort, wo wir uns menschlich oder unmenschlich verhalten, fanatisch oder mit Vernunft. Keine der großen Religionen ist frei von Intoleranz in den eigenen Reihen und von Gewalt in der eigenen Geschichte. Damit muss ich mich ehrlich auseinander setzen, egal, ob ich  Christ oder Muslim bin.    

Die Welt ist in Aufruhr. Mächtige verfolgen die Schwachen ohne Rücksicht auf Verluste und unzählige Menschen müssen fliehen. Gerade jetzt ist das Gebot der Stunde nicht, uns abzugrenzen  und andere zu verdächtigen. Schon gar nicht im Namen der Religion. Wir sind vielmehr gefordert – in Gottes Namen – uns auf das zu besinnen, was uns an humanen Werten verbindet.  Das Fastenbrechen hat mir deutlich gemacht, wie wichtig ein gemeinsamer Weg zu einer friedlicheren Welt ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22264
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