SWR3 Gedanken

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Die Kirche in Lettland hat das Rad der Geschichte zurückgedreht. Genau genommen die evangelische Kirche von Lettland: Frauen dürfen seit drei Wochen in Lettland keine Pfarrerinnen mehr werden. Ich finde das skandalös. Da haben sich die protestantischen Kirchen – das ist noch keine 50 Jahre her – dazu durchgerungen, Frauen den Männern im Pfarramt gleichzustellen. Und dann gibt man das wieder auf. Damit macht sich die lettische Kirche vor allem eins: Ärmer!

Ich jedenfalls habe auf meinem Weg zum Pfarrer viel von Pfarrerinnen gelernt. Vor allem auch deshalb, weil sie nicht das Alphatier spielen müssen. Während Männer sich gerne reden hören und aufplustern müssen, finde ich das bei Frauen nicht so ausgeprägt. Mir hat das geholfen, von ihnen zu lernen

Hinzu kommt: In vielen Situationen in der Gemeinde fühle ich mich als Mann auch fehl am Platz. Wie soll ich als Mann mit Frauen reden, die Probleme in der Schwangerschaft haben? Das kann ich doch gar nicht nachvollziehen.

Und: Ich finde es bereichernd, eine Frau auf der Kanzel zu erleben, weil sie aus ihrer weiblichen Sicht andere Dinge von Gott erzählen kann. Und schließlich: Das Jahresmotto unserer Kirche in diesem Jahr heißt: „Gott spricht: ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Und beim Trösten spielt das Geschlecht eine wichtige Rolle, hat mir eine Kollegin verraten:

Die sollte nämlich einen Mann beerdigen. Als sie zur Witwe kam, war die im ersten Moment völlig überfordert. „Sie wollen meinen Mann beerdigen?“ Nach der Beerdigung dankte sie der Kollegin und sagte: Einem Pfarrer hätte ich nie erzählt, dass ich in meiner Ehe unglücklich war. Was für ein Glück, dass Sie als Frau, der Pfarrer waren!“

Das kann ich als Mann nur bestätigen. Wer Frauen aus Ämtern und Berufen ausschließt, der macht sich ärmer. Nicht nur in der Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22227
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